Inflation

Spanien diskutiert Lebensmittel-Preisdeckel

Die großen Supermarktketten sollen einen Warenkorb mit Produkten der Grundversorgung zu vergünstigten Preisen anbieten. Der Vorschlag von Arbeitsministerin Yolanda Díaz stößt in der Branche nicht auf Gegenliebe.

Spanien diskutiert Lebensmittel-Preisdeckel

ths Madrid

Die spanische Linksregierung sieht sich derzeit als Vorreiter bei der Bekämpfung der Preisexplosion in Europa. Schon lange vor dem russischen Einmarsch in der Ukraine hatte Ministerpräsident Pedro Sánchez eine Reform des europäischen Energiemarktes gefordert. Der Sozialist stieß damit bei seinen Amtskollegen auf taube Ohren. Nun herrscht in Brüssel die Einsicht, dass das System, wonach die teuerste Energiequelle – derzeit Erdgas – den Preis für alle anderen Quellen vorgibt, in der gegenwärtigen Situation nicht funktioniert. Die Mitglieder der Europäischen Union beraten jetzt ebenfalls über die Einführung einer Steuer auf Übergewinne der Energieversorger, so wie sie Spanien schon im Frühjahr angekündigt hat.

Ob der neueste Vorstoß in Madrid in Europa Schule machen wird, ist dagegen fraglich. Arbeitsministerin Yolanda Díaz will die Supermärkte dazu bringen, Lebensmittel und andere Produkte der Grundversorgung zu reduzierten Preisen anzubieten. Eine solche Initiative fällt zwar nicht unbedingt in ihren Zuständigkeitsbereich. Doch Díaz, die Politikerin mit den besten Umfragewerten in Spanien, ist eine von drei Stellvertreterinnen des Ministerpräsidenten und die Führungsfigur des kleinen Koalitionspartners, des Linksbündnisses Unidas Podemos.

Der Fall für eine Preisdeckelung beim Einkauf liegt auf der Hand. Im August lag die Inflation in Spanien bei 10,5%, wie das Nationale Statistikamt am Dienstag bekannt gab. Die Preisentwicklung vieler Lebensmittel und anderer Produkte der Grundversorgung lag sogar darüber. Milchprodukte etwa stiegen im Jahresvergleich um 26% und Gemüse um 18%.

Díaz schlägt nun vor, dass die Supermärkte bis nach Weihnachten die Preise für einen Warenkorb mit verschiedenen Produkten einfrieren. Darunter sollen auch Frischwaren sein, die eine gesunde Ernährung ermöglichen. „Das ist ein vollkommen legaler Vorschlag, der sich auch ans Wettbewerbsrecht hält“, behauptete die einflussreiche Arbeitsministerin.

In der Wirtschaft kam der Vorstoß erwartungsgemäß nicht gut an. Der Vorsitzende des spanischen Arbeitgeberverbandes, Antonio Garamendi, sprach gar von einem „sowjetischen Programm“. Dennoch tagten am Montag Vertreter der drei Dachverbände der großen Einkaufsunternehmen mit Díaz in Madrid. Die Firmen versicherten, dass sie bereits die Preise niedrig halten würden und außerdem selbst sehr stark unter den hohen Energiepreisen litten. Lediglich die französische Carrefour sprang auf die Idee der Ministerin an und bietet nun eine Auswahl von 30 Produkten zu 30 Euro an, darunter jedoch keine frische Ware.

Die schärfste Kritik kam jedoch von den kleinen, unabhängigen Einzelhändlern. Die können nicht die Preise einfrieren und befürchten, dass ein vergünstigter Warenkorb noch mehr Kundschaft in die großen Supermärkte ziehen würde. Auch bei den Sozialisten von Ministerpräsident Sánchez sieht man die Initiative von Díaz skeptisch. Doch das war auch bei der Übergewinnsteuer der Fall, die von den Linken ins Spiel gebracht und am Ende von Sánchez angenommen wurde.

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