Konjunktur

Spanien erwartet Rückgang der Arbeitslosigkeit

Der Boom im Tourismusgeschäft hat auch im zweiten Quartal die Situation am Arbeitsmarkt verbessert. Die Reformen zeigen Wirkung. Trotz der Herabstufung der Wachstumsprognose für nächstes Jahr erwartet die Linksregierung einen weiteren Rückgang der Erwerbslosenquote.

Spanien erwartet Rückgang der Arbeitslosigkeit

ths Madrid

Die Besserung am spanischen Arbeitsmarkt hat auch im Frühjahr angehalten, doch die Dynamik verliert langsam an Tempo. Im zweiten Quartal sank die Zahl der Erwerbslosen auf knapp unter drei Millionen Menschen und eine Quote von 12,5%, wie die vierteljährliche Erhebung EPA des spanischen Statistikamtes am Donnerstag zeigte. Das ist der niedrigste Stand seit Ausbruch der Finanzkrise 2008. In den zwölf Monaten bis Juni entstanden netto 800000 neue Jobs, wodurch sich die Zahl der Erwerbstätigen auf 20,5 Millionen erhöhte – nahe am historischen Rekord. Im zweiten Quartal entstanden jedoch weniger neue Stellen als im Vorjahreszeitraum.

Ungebremste Reiselust

Die Monate von April bis Juni sind traditionell gut für die Beschäftigung, zum guten Teil wegen des Beginns der Hauptreisesaison. Der Tourismus läuft nach dem Ende der Pandemie-Beschränkungen auf Hochtouren. In manchen Zielorten werden die Besucherzahlen von 2019 übertroffen. Die Reiselust vieler Europäer ist trotz der zahlreichen Probleme im Flugverkehr aufgrund von Streiks und Personalmangel offenbar ungebrochen.

Das zweite Quartal bestätigte auch den starken Trend hin zu mehr Festverträgen und einer Abnahme der Zeitarbeit. Experten sehen darin einen Erfolg der Arbeitsmarktreform, welche die Linksregierung Ende vergangenen Jahres mit Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften vereinbart hatte. Doch trotz der weiterhin hohen Arbeitslosigkeit besteht im Land in vielen Bereichen ein Mangel an Personal. Das gilt nicht nur für hoch qualifizierte Berufe. Auch die Gastronomie sucht vielerorts händeringend nach Mitarbeitern. Daher sollen nun verstärkt ausländische Arbeitskräfte integriert werden.

Für das Gesamtjahr geht die Regierung von einer Erwerbslosenquote von 12,8% aus, denn in der zweiten Jahreshälfte läuft es wegen des Endes der Tourismussaison gewöhnlich schlechter auf dem Arbeitsmarkt. In der am Dienstag vorgestellten Revision der Prognosen setzt das Wirtschaftsministerium von Nadia Calviño für 2023 einen Rückgang der Quote auf 12% an, trotz der Sorgen um die weiteren Folgen des Ukraine-Kriegs und der hohen Inflation.

Aus diesem Grunde revidierte Calviño die Aussicht für das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes 2023 von 3,5% auf 2,7% herunter. Für das laufende Jahr bleibt die Regierung bei einer Wachstumsprognose von 4,3%, was im Rahmen der Schätzungen vieler Volkswirte liegt. Die Inflation soll von 7,8% in diesem auf 2,9% im kommenden Jahr sinken.

Madrid sieht sich der Haushaltskonsolidierung verpflichtet, wie Finanzministerin María Jesús Montero jetzt bekräftigte. Das Staatsdefizit soll von 5% in diesem auf 3,9% im kommenden Jahr zurückgehen und 2025 unter die 3-Prozent-Hürde fallen. Doch zunächst einmal plant Montero einen Haushalt für 2023 mit einem neuen Ausgabenrekord. Die Obergrenze für die Staatsausgaben wurde um 1% auf 198 Mrd. Euro festgelegt, in denen 25 Mrd. Euro aus dem europäischen Wiederaufbaufonds eingerechnet sind.

Außerdem plant die Linksregierung mit Mehreinnahmen von jeweils 3,5 Mrd. Euro in den nächsten zwei Jahren durch neue Sondersteuern für Banken und Energiekonzerne. Diese profitieren nach Meinung der Sozialisten und Linken stark von steigenden Zinsen beziehungsweise den hohen Rohstoffpreisen.

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