Steigende Konsumlust stützt deutsche Wirtschaft
ms Frankfurt
Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal vor allem dank ausgabenfreudiger Verbraucher und staatlicher Konsumausgaben kräftig gewachsen. Das geht aus am Dienstag veröffentlichten Daten des Statistischen Bundesamts hervor. Das Wachstum wurde gegenüber der Erstschätzung sogar minimal von 1,5% auf 1,6% heraufrevidiert. Im dritten Quartal zeichnet sich nun ein nochmals deutlich stärkeres Plus ab. Zugleich nehmen die mittelfristigen Konjunktursorgen aber zu – wegen der steigenden Corona-Infektionszahlen, aber verstärkt auch wegen der anhaltenden Lieferkettenprobleme weltweit.
Nach dem coronabedingten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im ersten Quartal 2021 hatte die deutsche Wirtschaft im Frühjahr auf den Wachstumspfad zurückgefunden und im Sommer zunehmend Fahrt aufgenommen. Zuletzt hatten aber wieder Sorgen vor einer spürbaren Konjunkturabkühlung zugenommen. Grund sind vor allem die auch hierzulande wieder steigenden Infektionszahlen, die neue Eindämmungsmaßnahmen im Herbst befürchten lassen. Zudem leidet die in Deutschland besonders wichtige Autobranche im Besonderen unter den Lieferkettenproblemen.
Die Details zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal zeigen nun, dass vor allem die Konsumlust der Verbraucher das Wachstum trieb. Die privaten Haushalte gaben 3,2% mehr aus als im ersten Quartal. Das lag insbesondere an den seit Mai zunehmenden Lockerungen der Corona-Eindämmungsmaßnahmen. Der Konsum dürfte damit auch weiter eine zentrale Konjunkturstütze bleiben – solange es nicht zu neuen starken Restriktionen kommt. Neben dem Verbrauch verzeichneten im zweiten Quartal insbesondere auch die staatlichen Konsumausgaben mit 1,8% ein deutliches Plus.
Im dritten Quartal dürfte das BIP nun noch einmal deutlich stärker zulegen. Die Bundesbank hatte am Montag in ihrem neuen Monatsbericht von einem möglichen Plus von 3% gesprochen. Die Volkswirte der britischen Großbank Barclays sagen sogar ein Plus von 3,4% voraus. „Der Aufschwung hat Tritt gefasst“, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Dienstag.
Sorgen bereitet indes die Lage in der Industrie. Sie leidet unter den anhaltenden Engpässen bei vielen Rohstoffen und Vorprodukten. Besonders gravierend ist der Mangel an Chips beziehungsweise Halbleitern. Das bremst die Industrie trotz voller Auftragsbücher aus. Die Hoffnung ist allerdings, dass sich die Engpässe im Jahresverlauf zunehmend auflösen und das verarbeitende Gewerbe ab dem Jahresende wieder spürbar zum Wachstum beiträgt.
„Größere Gefahr als Covid“
Die Bundesbank hatte in ihrem Monatsbericht ein wenig Entwarnung gegeben: Sie macht erste Anzeichen dafür aus, dass sich die Lieferengpässe nicht mehr so deutlich verschärften wie noch im zweiten Quartal. Etwas alarmierter zeigte sich am Dienstag Carsten Brzeski, Global Head of Macro bei der ING: „Probleme in den Lieferketten sind zu einer größeren Bedrohung für die Wirtschaft geworden als Covid.“
Trotz der Aufholjagd zur Jahresmitte liegt die Wirtschaftsleistung noch unter Vorkrisenniveau – genauer: um 3,3% unter dem Wert von Ende 2019. Laut Bundesbank ist offen, ob die Wirtschaft ihr Vorkrisenniveau im Sommer wieder erreicht oder erst im Herbst.