Weltenergiebericht der IEA

Stromhunger bringt Netze an die Grenzen

Der World Energy Outlook 2024 warnt vor Gefahren für die Energiesicherheit in der kritischen Transformationsphase. Um die Netze zu stabilisieren, seien höhere Investitionen als bisher nötig. Dafür sinken die Preise für Fossile.

Stromhunger bringt Netze an die Grenzen

Stromhunger setzt Netzen zu

Investitionen in Infrastruktur halten mit dem Zubau erneuerbarer Energien nicht mit

Der World Energy Outlook 2024 der Internationalen Energieagentur (IEA) warnt vor Gefahren für die Energiesicherheit in der kritischen Transformationsphase. Um die Netze wegen der vielen Erneuerbaren zu stabilisieren, seien höhere Investitionen nötig. Dafür sinken die Preise für Fossile.

lz Frankfurt

Die Internationale Energieagentur (IEA) warnt vor den destabilisierenden Auswirkungen des Klimawandels, regionaler Konflikte und geopolitischer Spannungen auf das globale Energiesystem. Hinzu kämen die Probleme der Transformation des Energieangebots in Richtung erneuerbarer Energien. Das Angebot werde immer größer, doch auch die Stromnachfrage lege rasant zu, sodass erhebliche Investitionen notwendig seien, um die Energiesicherheit garantieren zu können, warnt die IEA im World Energy Outlook 2024.

Der sich zuspitzende Konflikt im Nahen Osten und Russlands anhaltender Krieg in der Ukraine unterstreichen die Risiken für die Energiesicherheit, mit denen die Welt konfrontiert ist, heißt es. Zwar seien einige der unmittelbaren Auswirkungen der globalen Energiekrise bereits abgeklungen, aber das Risiko weiterer Erschütterungen ist aus IEA-Sicht hoch. Die Erfahrung der letzten Jahre zeige, wie schnell sich Abhängigkeiten in Schwachstellen verwandeln könnten. Das gelte auch für saubere Energieversorgungsketten, bei denen es hinsichtlich Rohstoffen und Technik eine hohe Abhängigkeit von einzelnen Ländern gebe.

Steigendes Angebot fossiler Energien

Die IEA rechnet für die zweite Hälfte der 20er Jahre mit einem „großen Überangebot“ an Öl und Flüssigerdgas (LNG) durch stark ausgeweitete Produktionskapazitäten und zunehmender Substitution durch erneuerbare Energien. Der Einsatz von Fotovoltaik und Batterien werde die Strukturen komplett ändern und Machtverhältnisse umkehren, heißt es.

IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol spricht von einer „neuen Energiewelt“ und erwartet einen Preisrutsch bei Fossilen. „Die Atempause vom Druck der Brennstoffpreise kann politischen Entscheidungsträgern Raum geben, sich auf die Erhöhung der Investitionen in den Übergang zu sauberer Energie und die Abschaffung ineffizienter Subventionen für fossile Brennstoffe zu konzentrieren“, sagt er. Dies bedeute, „dass die Politik und die Entscheidungen der Verbraucher enorme Auswirkungen auf die Zukunft des Energiesektors und die Bekämpfung des Klimawandels haben werden.“

Strom wird zur Hauptenergie

Schon vor 2030 wird der IEA zufolge mehr als die Hälfte des weltweiten Stroms aus emissionsarmen oder emissionsfreien Quellen erzeugt werden. Die Nachfrage nach allen drei fossilen Brennstoffen – Kohle, Öl und Gas – werde voraussichtlich bis zum Ende des Jahrzehnts ihren Höhepunkt erreicht haben.

Der neue Energieausblick zeigt aber auch, dass der massiv steigende Energieverbrauch immer stärker in der Stromnachfrage zum Ausdruck kommt. Der Stromverbrauch sei in den letzten 10 Jahren doppelt so schnell gestiegen wie die gesamte Energienachfrage; wobei zwei Drittel des weltweiten Anstiegs der Stromnachfrage in den letzten zehn Jahren auf China entfallen seien. Birol: „In der Geschichte der Energie haben wir das Zeitalter der Kohle und das Zeitalter des Öls erlebt – und jetzt bewegen wir uns mit hoher Geschwindigkeit in das Zeitalter der Elektrizität zu.“

China entscheidende Stellschraube

Wie bei vielen anderen globalen Energietrends spiele China auch hier eine wichtige Rolle, macht Birol deutlich. Ob es um Investitionen, die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen, den Stromverbrauch, den Einsatz erneuerbarer Energien, den Markt für Elektrofahrzeuge oder die Herstellung sauberer Technologien gehe, die jüngere Energiegeschichte sei im Wesentlichen eine China-Geschichte. Chinas Solarausbau schreite derzeit so schnell voran, dass allein die Solarstromerzeugung Chinas bis Anfang der 2030er Jahre den gesamten heutigen Strombedarf der USA übersteigen könne.

Stromnetze anfällig

Damit saubere Energie weiterhin so schnell wächst und die Energiesicherheit erhalten bleibt, sind der IEA zufolge „viel mehr Investitionen in neue Energiesysteme, insbesondere in Stromnetze und Energiespeicherung, erforderlich als bisher“. Heute werden für jeden Dollar, der für erneuerbare Energien ausgegeben wird, 60 Cent für Netze und Speicherung aufgewendet. Um den Übergang in die erneuerbare Zukunft aber stemmen zu können, hält die IEA eine Investitionsquote von 1:1 für erforderlich. Viele Stromnetze seien derzeit anfällig für eine Zunahme extremer Wetterereignisse im Zuge des Klimawandels, was die Bemühungen zur Stärkung ihrer Widerstandsfähigkeit und digitalen Sicherheit in den Vordergrund rückt.

Auf der Grundlage der heutigen politischen Vorgaben werden die globalen Kohlendioxidemissionen nach Berechnungen der IEA in Kürze zwar ihren Höhepunkt erreichen, aber der erhoffte starke Rückgang werde ausbleiben. Zum Ende des Jahrhunderts werde die globale Durchschnittstemperatur um 2,4 °C ansteigen, weit über dem Ziel des Pariser Abkommens liegt, die globale Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen.

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