Trump will US-Hegemonie mit Staatsfonds festigen
Trump will US-Hegemonie mit Staatsfonds festigen
xaw New York/det Washington
Die Vereinigten Staaten erhöhen im Wettkampf der globalen Wirtschaftsstandorte die Schlagzahl. So hat Präsident Donald Trump am Montag per Exekutivbeschluss angeordnet, dass die USA einen Staatsfonds auflegen. Dieser soll innerhalb der kommenden zwölf Monate an den Start gehen und potenziell zum Kauf der Video-App TikTok dienen. „Wir werden ein großes Vermögen für den Fonds schaffen“, sagte Trump und griff damit Ankündigungen aus dem Wahlkampf auf, gemäß denen einen solches Vehikel „große nationale Unternehmungen“ wie einen Ausbau der Infrastruktur finanzieren solle.
Wie die neue US-Regierung die dafür nötigen Mittel aufbringen will, ist indes noch unklar. Vergleichbare Staatsfonds anderer Länder speisen sich häufig aus Haushaltsüberschüssen. Die USA haben zuletzt jedoch mit einem beständig hohen Defizit für Unruhe an den Anleihemärkten gesorgt, im Fiskaljahr 2024 weitete es sich auf 6,24% des Bruttoinlandsprodukts aus. Trump brachte in den vergangenen Monaten bereits die Idee ins Spiel, ein Staatsfonds könne sich durch „Strafzölle und andere intelligente Dinge“ finanzieren lassen.
Am Montag erklärte sich der Präsident indes bereit, am Wochenende wirksam gewordene handelspolitische Maßnahmen gegen Mexiko für einen Monat auszusetzen. Als Gegenleistung dafür, dass die USA von Trump verhängte „Tariffs“ von 25% zunächst nicht anwenden, wird der südliche Nachbar 10.000 Soldaten an die gemeinsame Grenze schicken. Eine ähnliche vorübergehende Einigung erzielte Washington mit Kanada, auf den großen Nachbarn im Norden waren zuvor Zölle von 10% auf Energieeinfuhren und 25% auf alle sonstigen Importe zugerollt. China bereitet sich nun auf Verhandlungen mit Trump vor, um zusätzliche Sanktionen abzuwenden.
Trotz der nun erfolgten Aufschübe rechnen Ökonomen insgesamt mit einer deutlich höheren Inflation und auch mit empfindlichen Wachstumseinbußen. David Page, Leiter des Makro-Research bei Axa Investment Managers, hatte gegenüber der Börsen-Zeitung für 2026 zuletzt einen Zuwachs des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts von lediglich 1,5% und für das zweite Halbjahr einen noch deutlich schwächeren annualisierten Wert vorhergesagt. Seine Schätzung für das laufende Jahr liegt bei 2,3%. Wegen der angekündigten Gegenzölle der betroffenen Länder halten Volkswirte zudem einen Handelskrieg für möglich, der noch viel größeren wirtschaftlichen Schaden hinterlassen wird, wie sie warnen.
Unterdessen hat Trump nach auch Sanktionen gegen die Europäische Union in Aussicht gestellt. Trump sagte im Weißen Haus, dass „wir gegenüber der EU ein massives Defizit von etwa 350 Mrd. Dollar haben“. Er beklagte sich darüber, dass „die Europäer unsere Ausfuhren nicht nehmen wollen, weder Autos noch Agrarprodukte oder andere“, so Trump. „Wie viele Fords oder Chevrolets werden sie in der Münchener Innenstadt sehen?“, stellte er eine rhetorische Frage. „Null, keinen einzigen“, antwortete der Präsident.
Autoimporte im Fokus
Im Gegensatz dazu würden „Millionen von BMWs, Mercedes und Volkswagen in die USA kommen“. Er beschwerte sich darüber, dass „Die EU uns seit Jahren ausgenutzt hat, und das geht so nicht“. Zwar drohte Trump mit keinen konkreten Maßnahmen, sagte aber, „dass die Europäer sowie alle Handelspartner letzten Endes einen Deal abschließen wollen“. Wie auch bei anderen Wirtschaftspartnern müsse dort das Prinzip der Reziprozität gelten. Aus Regierungskreisen verlautete, dass Trump schon in wenigen Tagen mit Details an die Öffentlichkeit treten könnte.
In Bezug auf Einzelheiten zum neuen Staatsfonds müssen sich Marktteilnehmer wohl noch länger gedulden. US-Finanzminister Scott Bessent, der kommissarisch auch die Leitung der Verbraucherschutzbehörde CFPB übernommen hat und diese am Montag anwies, den Großteil ihrer Arbeit einzustellen, äußerte sich ähnlich vage wie Trump. „Wir werden die Aktivseite des US-Haushalts für das amerikanische Volk monetarisieren“, sagte der bisherige Hedgefonds-Manager. Im Fonds sollten liquide Vermögenswerte kombiniert werden, „Assets, die wir in diesem Land haben“.
Wiewohl laut Medienberichten auch die Administration von Trumps Amtsvorgänger Joe Biden die Schaffung eines Staatsfonds erwog, traf Trumps eiliger Schritt per Exekutivbeschluss viele Beobachter an der Wall Street doch unerwartet. Bisher existieren weltweit laut dem International Forum of Sovereign Wealth Funds bereits über 90 solcher Vehikel mit einem verwalteten Vermögen von über 8 Bill. Dollar. Zuletzt hatten sich Spekulationen um einen US-Staatsfonds am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos aufgeheizt.
Dealmaker laufen sich warm
Demnach nimmt das Projekt eine zentrale Rolle in Trumps Strategie für TikTok ein. Der US-Präsident hatte an seinem ersten Tag im Amt eine gesetzliche Deadline für einen Verkauf der Video-App durch die chinesische Mutter Bytedance um 75 Tage verschoben. Trump, der in seiner ersten Amtszeit noch aufgrund von Datenschutz- und nationalen Sicherheitsbedenken für ein Verbot von Tiktok eintrat, will die Plattform am liebsten in ein Joint Venture mit einer US-Beteiligung von 50% überführen.
Damit beginnen unter Dealmakern die Überlegungen zu Möglichkeiten, aus einem solchen Deal Kapital zu schlagen. Von der Börsen-Zeitung kontaktierte Investmentbanken äußern sich in Bezug auf Tiktok noch defensiv. An den Plänen des Präsidenten sei noch zu viel vage – so sei unklar, ob ein Joint Venture mit US-Beteiligung das zentrale Problem lösen würde, das Ex-Präsident Joe Biden zum Gesetz über einen Verkauf oder Bann der Video-App veranlasste: Die Sorge, dass Peking über Bytedance auf die Daten US-amerikanischer Nutzer zugreifen könne, bestehe solange weiter, wie der Algorithmus in chinesischer Hand liege.
Multimilliarden-Bewertung angesetzt
Auch müsse die Mutter aus dem Reich der Mitte einer Veräußerung erst einmal zustimmen. Trump suggerierte zwischenzeitlich, dass die Vereinigten Staaten für eine Beteiligung an Tiktok nichts bezahlen sollten. Die Plattform sei „wertlos, wenn ich keinen Deal schließe“, sagte er kurz nach seinem Amtsantritt. CFRA Research beziffert den Wert des US-Geschäfts von Tiktok hingegen auf 40 Mrd. bis 50 Mrd. Dollar. Die Investmentbank Wedbush legt für die Plattform sogar eine Bewertung von „deutlich über“ 100 Mrd. Dollar an, sofern ein Deal den heiß begehrten Algorithmus der Bytedance-Tochter einbezieht.
Der Kreis der Einzelinteressenten, die unter diesen Maßgaben eine Beteiligung stemmen könnten, ist begrenzt. Ein Staatsfonds mit Unterstützung der Wall Street gilt daher als durchaus aussichtsreicher Kandidat für einen Kauf von TikTok. Beteiligte Investmentbanken und Private-Equity-Häuser müssten dafür wohl hohe Garantien abgeben – viele Spieler der Branche würden sich diese Gelegenheit angesichts der potenziellen Gebühreneinnahmen aber wohl nicht entgehen lassen wollen.
Druck auf den US-Staatsanleihemarkt
„Vielleicht machen wir etwas mit TikTok und vielleicht auch nicht“, ließ Trump die Marktteilnehmer am Montag zunächst zappeln. Es müsse sich für den geplanten Staatsfonds der richtige Deal ergeben. Derweil warnen Strategen davor, dass Investitionsversprechen Washingtons mit unklarer Deckung das ohnehin angeschlagene Vertrauen in die fiskalische Stabilität der Vereinigten Staaten noch untergraben könnten. Zuletzt waren die Renditen am langen Ende der US-Zinskurve infolge der Furcht vor einem Sprung der Schuldenquote wieder deutlich über jene am kurzen Ende geklettert. Das rapide „Bear Steepening“ bringt erhebliche Mehrbelastungen für Hypothekenschuldner und Anleiheemittenten aus dem Unternehmenssegment mit sich.
Investoren sorgen sich davor, dass sich dieser Zustand unter Treasury-Chef Bessent noch verschärft. Denn dieser gilt als Feind der Strategie, mittels derer sich das US-Finanzministerium seit Herbst 2023 verstärkt über kurzfristigere Kredite am Kapitalmarkt versorgt und somit den Renditeanstieg der zehnjährigen Staatsanleihe als wichtigster Benchmark begrenzt hatte. Bessent, so die Befürchtung, könnte die Emissionsaktivität am langen Ende unter dem Banner stärkerer fiskalischer Planbarkeit wieder kräftig ankurbeln und somit für Disruptionen sorgen.
Mit Material von Reuters.