Überraschend umstrittene Zinspause der Bank of England
Überraschend umstrittene Zinspause
Bank of England lässt Leitzins konstant – Signale für mehr Lockerungen
mpi Frankfurt
Die Bank of England (BoE) legt eine Zinspause ein, das Votum dafür fiel jedoch knapper aus als von Analysten erwartet. Drei der neun Mitglieder des geldpolitischen Komitees (MPC) hätten den Leitzins gerne von 4,75 auf 4,5% gesenkt. „Ein weiterhin sehr restriktiver Kurs birgt die Gefahr, dass das Inflationsziel von 2% auf unhaltbare Weise verfehlt wird und eine übermäßig große Produktionslücke entsteht“, heißt es in der Stellungnahme der Notenbank zur Begründung, weshalb die drei Notenbanker für eine sofortige Zinssenkung waren.
Die Inflation ist in Großbritannien im November auf 2,6% gegenüber dem Vormonat gestiegen und damit etwas kräftiger als von der BoE erwartet. Zudem rechnet die Notenbank damit, dass die Teuerung zunächst weiter steigen wird. Dennoch sieht sich die BoE auf einem guten Weg, ihr Inflationsziel mittelfristig zu erreichen und steuert daher mehrere Zinssenkungen an – sollte sich die Inflation in den kommenden Monaten so entwickeln wie erwartet.
Hohe Unsicherheit für BoE
„Wir halten ein schrittweises Vorgehen bei künftigen Zinssenkungen nach wie vor für richtig“, sagte BoE-Gouverneur Andrew Bailey in seiner Erklärung. „Aber angesichts der erhöhten Unsicherheit in der Wirtschaft können wir uns nicht darauf festlegen, wann oder um wie viel wir die Zinsen im kommenden Jahr senken werden.“
Eine große Unsicherheit für die britische Wirtschaft und auch die BoE ist der Machtwechsel in den USA. Noch ist unklar, was Donald Trump unter anderem in der Zollpolitik alles umsetzen wird und wie andere Staaten wiederum darauf reagieren. Mögliche Handelskonflikte könnten größere Auswirkungen auf Wirtschaftswachstum und Inflation haben.
Schwächelnde Wirtschaft
Die Finanzmärkte preisen eine Zinssenkung der Bank of England bei ihrer kommenden Zinssitzung am 6. Februar inzwischen zu mehr als 50% ein. „Die offensichtlich wachsende taubenhafte Front innerhalb des MPC trotz der jüngsten aggressiven Lohndaten deutet möglicherweise auf eine stärkere Konzentration auf die Konjunkturabschwächung hin“, sagte ING-Analyst Francesco Pesole. „Das bestärkt uns in unserer taubenhaften Einschätzung der Bank of England für das nächste Jahr – wir erwarten Zinssenkungen um 150 Basispunkte, während der Markt rund 55 Basispunkte einpreist.“
Die britische Wirtschaft enttäuschte zuletzt mit ihren Daten für Oktober. Die Wirtschaftsleistung schrumpfte um 0,1%, was den zweiten monatlichen Rückgang in Folge bedeutete. Industrie und Bauwirtschaft mussten eine sinkende wirtschaftliche Aktivität verkünden. Der Dienstleistungssektor stagnierte.
Taubenhafter Tonfall
Suren Thiru, ökonomischer Direktor des Rechnungslegungsverbands in England und Wales, sieht in der Kommunikation der Notenbank ein Signal für eine mögliche baldige Zinssenkung. „Das uneinheitliche Abstimmungsergebnis und der Tonfall des Sitzungsprotokolls deuten darauf hin, dass eine Zinssenkung im Februar weiterhin im Raum steht, wenn auch noch nicht beschlossen ist“, zitiert ihn die Nachrichtenagentur Bloomberg.
Im August hatte die BoE die Zinswende in Großbritannien mit einer Lockerung um 25 Basispunkte eingeleitet. Im November folgte dann eine zweite Zinssenkung in dieser Größenordnung. Damit haben die britischen Währungshüter in diesem Jahr weniger gelockert, als ihre Amtskollegen in der Eurozone oder den USA.