Unctad warnt vor Blockbildung
Unctad warnt vor Blockbildung
Geopolitische Risiken könnten Erholungskurs des Welthandels zum Erliegen bringen – Umweltgüter und KI befeuern Export
lz Frankfurt
Der Welthandel ist auf Erholungskurs, meldet die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (Unctad) in ihrem Quartalsbericht. Wobei der Dienstleistungshandel mit 1,5% zuletzt stärker zugelegt hat als der Warenhandel mit etwa 1%. Für das gesamte erste Halbjahr rechnet die Unctad mit einem Plus von 2% und noch etwas stärkeren Zahlen im zweiten Halbjahr. Das Rekordniveau des Welthandels von 2022 dürfte nach Ansicht der Organisation gleichwohl nicht erreicht werden.
Insgesamt deuteten die gemäßigtere globale Inflation und die günstigeren Prognosen für das Wirtschaftswachstum auf eine Umkehrung des bisherigen makroökonomischen Abwärtstrends hin, der den größten Teil des Jahres 2023 geprägt habe, schreibt die Unctad. Das sollte auch den Welthandel 2024 und 2025 stärken. Obendrein werde die steigende Nachfrage nach Produkten im Zusammenhang mit der Energiewende und der künstlichen Intelligenz zum Wachstum des Handels beitragen. Darüber hinaus sollten die möglichen Zinssenkungen in den USA dem Welthandel weitere Impulse verleihen. Aber, warnt die Unctad, „anhaltende geopolitische Spannungen, steigende Transportkosten und neue industriepolitische Maßnahmen könnten den Welthandel erheblich beeinträchtigen“.
Als potenziellen Wachstumskiller sieht die Unctad die Zunahme an handelsbeschränkenden Maßnahmen an, was zu mehr Blockbildung und Konzentration der Handelsströme auf wenige geschlossene Handelsräume führe. Zudem hätten sich seit Ende 2022 neue „bilaterale Handelsmuster“ ausgeprägt, die vor allem den Güteraustausch zwischen Ländern mit ähnlicher geopolitischer Haltung begünstigten („Friendshoring“). Gemeint, aber nicht explizit benannt ist die zunehmende Blockbildung des globalen Westens, des globalen „Südens“ und der Ländergruppe um Russland und China.
Die laufende Umgestaltung der Wertschöpfungsketten, um ökonomische Abhängigkeiten abzubauen, schlägt nach Darstellung der Unctad ebenfalls auf die Handelsmuster durch. Während der Corona-Lockdowns und der Blockade des Suezkanals durch eine Schiffshavarie kam es mehrfach zu enormen Lieferverzögerungen, die wiederum zu Produktionsstillständen andernorts führten. Hinzu kommen Lieferkettenabhängigkeiten, die einige Länder aus Sorge vor politischen Lieferbeschränkungen abbrechen wollen. Das führt zu größeren globalen Umbauten: Während einige Länder ihre Abhängigkeit etwa von China immer mehr verringert hätten, würden andere wiederum in diese Lücke gehen und ihre Abhängigkeit eher wieder vergrößern.
Zu einer erheblichen Angebotskonzentration führt nach Ansicht der Unctad zudem die Industriepolitik, etwa im Umfeld der Energiewende und der KI. Eine Reihe der Interventionen in Industrie- und Schwellenländern – die Unctad führt etwa den Inflation Reduction Act der USA, die Made-in-China-Initiative und den Net Zero Industry Act der EU an – würden heimische Unternehmen bevorzugen und liefen auf eine Importsubstitution hinaus.
Das wiederum verunsichert nach Ansicht der Unctad die Wirtschaft, führe zu Gegenmaßnahmen, was wiederum den allgemeinen Trend zum Protektionismus verstärke. Das „auf Regeln basierende globale Handelssystem“ werde untergraben und die Kosten würden insgesamt nach oben getrieben. Die größten Opfer seien dabei kleine und mittlere Unternehmen, warnt die UN-Organisation.