Konjunkturtableau Euroland

Unsicherheit bestimmt Prognosen

Die Unsicherheit über die weitere konjunkturelle Entwicklung ist infolge des Ukraine-Kriegs kräftig gestiegen. Die Prognoseänderungen der vergangenen Wochen spiegeln sich nun auch im aktuellen Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung wider.

Unsicherheit bestimmt Prognosen

ba Frankfurt

Die Unsicherheit infolge des Ukraine-Krieges ist derzeit in sämtlichen Konjunkturprognosen zu sehen – auch im aktuellen Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). In den vergangenen Wochen haben Banken und Forschungsinstitute reihenweise ihre Voraussagen für das Wachstum in Deutschland und im Euroraum massiv gesenkt und für die Inflation kräftig nach oben geschraubt. Alles aber unter dem Vorbehalt, dass der Konflikt nicht weiter eskaliert, Sanktionen erheblich ausgeweitet werden und es zu keinem abrupten Lieferstopp oder Embargo russischer Energie kommt. Im Konjunkturtableau sind daher nur Prognosen enthalten, die nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs geändert wurden, um ein möglichst aktuelles Bild zu erhalten.

Einig sind sich die Ökonomen, dass die Erholung von der Coronadelle vorerst gestoppt ist, denn Unternehmen und Verbraucher ächzen gleichermaßen unter den gestiegenen Energiepreisen. Vor allem Industrie und Bau sorgen sich um den wieder verschärften Lieferkettenstress, zu dem zusätzlich die Lockdowns in China wegen der wieder rapide steigenden Coronazahlen beitragen.

Im Median erwarten die Auguren für 2022 nun ein Wachstum der Euro-Wirtschaft von 2,9%, zuvor waren es +4,1%. Die Prognose von 2,4% für 2023 blieb dagegen praktisch unverändert. „Die Experten gehen anscheinend davon aus, dass 2023 der Status quo ante wiederhergestellt sein wird“, erklärt ZEW-Experte Michael Schröder die Entwicklung. Für Deutschland ergibt sich ein ganz ähnliches Bild. Für das laufende Jahr wird die Wachstumsprognose von 3,6% auf 2,2% reduziert, für 2023 mit 2,7% kaum angetastet.

Unterschiede gibt es hingegen mit Blick auf den Jobmarkt: So wird für Deutschland nun eine Arbeitslosenquote von 4,9% nach zuvor 5,3% erwartet, und 2023 soll sie weiter auf 4,7% sinken. Im Euroraum hingegen wurde die Voraussage von zuvor 6,9% auf 7,3% erhöht. Aber auch in Euroland wird für 2023 eine niedrigere Arbeitslosenquote erwartet, und zwar von 6,7%.

Besonders stark zeigt sich die Unsicherheit über die weitere Entwicklung bei der Inflation: Für das Eurogebiet liegt der niedrigste Prognosewert für 2022 bei 3,6% und der höchste bei 7,7%. Mit Blick auf Deutschland ist der Abstand zwischen den Prognosewerten noch größer. Der höchste beträgt 8,2%, der niedrigste 3,8%. Im Euroraum soll die Preissteigerung zum Vorjahr im Jahresdurchschnitt nun bei 5,9% (zuvor 3,2) liegen, in Deutschland bei 5,7% (3,4). Auch bei den privaten Haushalten hierzulande ist die Inflationserwartung gestiegen: Laut Daten der Bundesbank beträgt die erwartete Inflation für die nächsten zwölf Monate im März 5,8% nach 4,7% im Februar, berichtet die Nachrichtenagentur dpa-afx. Dies ist der höchste Stand seit Beginn der Erhebung 2019.

Bei den Erwartungen zur Geldpolitik zeichnet sich ZEW-Experte Schröder zufolge allmählich eine Veränderung ab. Für 2023 liege der erwartete Dreimonatszins bei 0%, das sind etwa 45 Basispunkte mehr verglichen mit dem Wert vom 7. April (siehe Tabelle). Ein schnellerer und stärkerer Wechsel der Geldpolitik werde jedoch vor allem der US-Notenbank Fed zugetraut, sagte Schröder.

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