US-Arbeitsmarkt überraschend robust
In den USA sind im Mai außerhalb der Landwirtschaft 390.000 neue Stellen geschaffen worden, wie das US-Arbeitsministerium am Freitag in Washington D. C. mitteilte. Beobachter hatten nur mit etwa 320.000 Neueinstellungen gerechnet, nach 428.000 im April. Die Arbeitslosenquote bleibt stabil bei 3,6%. Die Stundenlöhne sind im Mai um 0,3% gestiegen und damit etwas weniger als prognostiziert. Gegenüber dem Vorjahresmonat legten die Löhne im Mai um 5,2% zu. In dieser Betrachtung wurden die Erwartungen der Experten erfüllt.
Die US-Arbeitszahlen sind ein wichtiger Indikator zur Beurteilung der konjunkturellen Lage. Die Notenbank Federal Reserve (Fed) hat sie im Blick bei der Steuerung ihrer Geldpolitik. Angesichts der hohen Inflation im Land von zuletzt 8,3% im April gegenüber dem Vorjahresmonat hat die Fed ihre Geldpolitik zunehmend verschärft und im Mai die Leitzinsen um 50 Basispunkte angehoben – dies war der größte Zinsschritt in den USA seit 22 Jahren. Weitere größere Zinsschritte könnten in den kommenden Monaten folgen, um die Inflation zu begrenzen. Gleichzeitig muss die Notenbank jedoch aufpassen, dass es in Folge der Zinswende zu keiner Wirtschaftskrise in den USA kommt. Schlechte Arbeitsmarktzahlen können daher die Verschärfung der Geldpolitik bremsen. „Jobzuwächse in der aktuellen Größenordnung sind keineswegs schon eine Abkühlung des Arbeitsmarktes“, sagt Ökonom Bernd Weidensteiner von der Commerzbank. „Damit wird die Fed weitere große Zinsschritte unternehmen.“
Bereits am Donnerstag legte der private Arbeitsmarktdienstleister ADP Daten vor, die infolge der Zinswende auf einen Abschwung am Arbeitsmarkt hindeuteten. Im Privatsektor wurden ohne Berücksichtigung der Landwirtschaft nur 128.000 neue Stellen geschaffen. Ökonomen hatten mit etwa 230.000 neuen Jobs gerechnet. Zudem wurden die Zahlen für März nach unten revidiert, von 247.000 auf 202.000. Der Arbeitsmarkt zeigte sich danach in der schwächsten Verfassung seit April 2020. Damals hatten die Lockdowns nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie zu mehr als 20 Millionen Entlassungen geführt.
Ein Warnhinweis, der sich aus den ADP-Daten herauslesen lässt: Kleine und mittelständische Unternehmen haben im Mai in großem Stil Mitarbeiter entlassen. Offenbar kommen sie in einem von Lieferengpässen und hoher Inflation getriebenen Umfeld weitaus schlechter zurecht als die großen Konzerne.
An den Deutschen Börsen führten die US-Arbeitsmarktdaten nach Bekanntgabe nicht zu größeren Kursreaktionen. Offenbar hatten die Anleger schon eingepreist, dass mit weiteren US-Zinserhöhungen zu rechnen ist. In den USA legte der Dollar zu und die US-Börsen gaben vorbörslich nach, da eine restriktivere Geldpolitik der Fed die Aktienmärkte belasten würde, insbesondere wachstumsstarke Technologie-Unternehmen leiden unter höheren Zinsen.