Kaum Stellenwachstum

US-Arbeitsmarkt schockiert kurz vor der Wahl

Der US-Jobmarkt hat sich im Oktober in überraschend schlechtem Zustand präsentiert. Das könnte dem republikanischen Kandidaten Donald Trump bei der Wahl helfen.

US-Arbeitsmarkt schockiert kurz vor der Wahl

US-Arbeitsmarkt schockiert kurz vor der Wahl

Neueinstellungen auf schwächstem Stand seit Ende 2020 – Unwetter und Streik bei Boeing drücken Stellenwachstum

det Washington

Wenige Tage vor den US-Präsidentschafts- und Kongresswahlen wies der Jobmarkt die schwächsten Werte seit der heißesten Phase der Corona-Pandemie aus. Wie das Bureau of Labor Statistics (BLS) des Arbeitsministeriums meldete, entstanden im Oktober ohne Berücksichtigung der Landwirtschaft nur 12.000 neue Jobs. Eine geringere Zahl an Neueinstellungen hatte es zuletzt im Dezember 2020 gegeben. Zwar lag die Arbeitslosenquote unverändert bei 4,1%. Gleichwohl befürchten Demokraten nun, dass der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump versuchen wird, während der Schlussphase des Wahlkampfs aus den enttäuschenden Zahlen politisches Kapital zu schlagen. 

Die Neueinstellungen lagen deutlich unter den Markterwartungen. So hatten Bankvolkswirte im Schnitt prognostiziert, dass etwa 120.000 neue Jobs entstanden seien. Im September hatte das BLS ein Stellenwachstum von 254.000 gemessen. Dieser Wert wurde nun auf 223.000 nach unten korrigiert. Die Zahlen für August wurden gegenüber der ersten Schätzung sogar um 81.000 nach unten gesetzt. In die relativ pessimistische Prognose für Oktober hatten Experten bereits die immensen Schäden einkalkuliert, die der Orkan Helene und der Sturm Milton im Süden und Südosten der USA angerichtet hatten. 

Boeing-Streik kostet Jobs

Auch berücksichtigen sie die wirtschaftlichen Auswirkungen des Streiks beim Flugzeughersteller Boeing. So weist das BLS darauf hin, dass allein der Arbeitskampf bei Boeing die Wirtschaft 44.000 Jobs im verarbeitenden Gewerbe gekostet hat. Das entspricht fast genau den insgesamt 46.000 Stellenverlusten in der produzierenden Branche. Die Zahl der Arbeitsplätze, die durch die Unwetter verloren wurden, ist nach Darstellung der Behörde hingegen schwer quantifizierbar. Trotz dieser Sonderfaktoren hatten Ökonomen nicht erwartet, dass es sich um den schwächsten Arbeitsmarktbericht seit fast 4 Jahren handeln würde.

Außerhalb der Industrie, die erheblich unter dem Streik bei Boeing gelitten hatte, war die Lage durchwachsen. Im Gesundheitswesen kam es zu 52.000 und im öffentlichen Dienst zu 40.000 Neueinstellungen. Jobverluste stellte das BLS aber nicht nur im verarbeitenden Gewerbe fest. So kürzten Fachdienstleister 49.000 Teilzeitjobs.

In den meisten anderen Branchen war die Beschäftigungslage kaum verändert. Für einen Silberstreif sorgten die durchschnittlichen Stundenlöhne. Diese stiegen gegenüber dem Vormonat um 0,4% und im Vorjahresvergleich um 4,0%. Die Lohnsteigerungen liegen somit weiter deutlich über der Inflationsrate und bedeuten für Verbraucher einen realen Kaufkraftgewinn. Auch ist davon auszugehen, dass die US-Notenbank ungeachtet des Arbeitsmarktberichts kommende Woche auf Kurs bleiben wird.

Kleiner Zinsschritt erwartet

So gehen Analysten fast einstimmig davon aus, dass der Offenmarktausschuss (FOMC) der Fed den Zielkorridor für den Leitzins um 25 Basispunkte heruntersetzen wird. Im September hatten die Währungshüter den Tagesgeldsatz um einen halben Prozentpunkt heruntergeschraubt. Das war die erste Lockerung seit der Anfangsphase der Corona-Pandemie im März 2020.

Zu erwarten ist, dass Trump und die Republikaner unmittelbar vor dem Wahltag versuchen werden, seiner Gegnerin Kamala Harris die schlechten Zahlen anzukreiden. Als das Stellenwachstum zuletzt robust war, hatten Republikaner behauptet, dass die Demokraten die BLS-Zahlen manipuliert hätten.

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