Deutliche Abkühlung

US-Arbeitsmarkt schürt Sorgen vor Konjunktureinbruch

Der US-Arbeitsmarkt hat im Juli für eine Enttäuschung gesorgt. So blieb das Stellenwachstum deutlich hinter den Erwartungen zurück. Die Fed könnte daher im September den Leitzins stärker zurückschrauben als bisher angenommen.

US-Arbeitsmarkt schürt Sorgen vor Konjunktureinbruch

US-Arbeitsmarkt schürt Sorgen vor Konjunktureinbruch

Schwächstes Stellenwachstum seit 2020 – Lohndruck gibt weiter nach – Auftrieb für Zinsfantasien

det Washington

Der US-Jobmarkt hat im Juli kräftig an Dynamik eingebüßt und schürt Sorgen vor einem möglichen Konjunktureinbruch. Gleichwohl steigt nun die Wahrscheinlichkeit, dass die Notenbank stärker als zuvor angenommen den Geldhahn aufdrehen wird. So galt bisher im September eine Zinssenkung um 25 Basispunkte als so gut wie sicher. Nun glauben Ökonomen, dass die Währungshüter den Tagesgeldsatz sogar um 50 Basispunkte heruntersetzen werden. 

Wie das Bureau of Labor Statistics (BLS) des Arbeitsministeriums berichtete, entstanden im Juli ohne Berücksichtigung des Agrarsektors nur 114.000 neue Stellen. Schwächeres Stellenwachstum hatte das BLS zuletzt im Dezember 2020 gemessen. Erwartet hatten Bankvolkswirte hingegen ein Plus von etwa 180.000. Auch stieg die Arbeitslosenquote von 4,1% auf 4,3%. Analysten hatten mit einem unveränderten Wert oder sogar einem leichten Rückgang gerechnet.

Gesundheitssektor legt zu

Mit einem Plus von 55.000 Jobs leistete der Gesundheitssektor den mit Abstand größten Beitrag zum Stellenwachstum. Die Bauwirtschaft steuerte 25.000 Arbeitsplätze bei. Positiv schlugen auch das Gast- und Freizeitgewerbe, der öffentliche Dienst und die Transportwirtschaft zu Buche. Kaum verändert waren die Zahlen im verarbeitenden Gewerbe, im Handel und bei Fachdienstleistern. 

Für die gesamte Wirtschaft revidierte das BLS das Stellenwachstum für Juni von 206.000 auf 179.000 nach unten. Trotz des enttäuschend schwachen Stellenaufbaus enthielt der Bericht aus der Sicht der Notenbank immerhin einen wichtigen Lichtblick. So legten die durchschnittlichen Stundenlöhne gegenüber dem Vormonat um nur 0,2% zu und auf Jahressicht um 3,6%. Der Lohnanstieg hatte im Juni bei 3,8% gelegen.

Zinswende kommt zu spät

 Unterdessen stellen Ökonomen das lange Festhalten der Notenbank an den hohen Zinsen infrage. „Marktteilnehmer denken, dass die Fed mit der Zinswende zu lange gewartet hat“, sagte Quincy Krosby, Chief Global Strategist bei LPL FInancial. Noch deutlicher wurde Mark Zandi, Chefökonom bei Moody’s Analytics. „Das Stellenwachstum hat deutlich nachgelassen, die Arbeitslosenquote zieht schnell an, und Teilzeitjobs haben sich in Luft aufgelöst“, erklärte Zandi. Daher hätte das FOMC „schon vor Monaten mit Zinssenkungen beginnen sollen“. Mit Blick auf die Sitzung am 17. und 18. September „lautet die Frage nicht mehr, ob, sondern um wie viel die Fed den Leitzins heruntersetzen soll.“  

Analysten glauben daher nicht nur, dass im September die erste Zinssenkung seit März 2020 bereits eingetütet ist. Sie gehen auch davon aus, dass die Notenbank zunächst einen größeren Zinsschritt beschließen wird. So prognostizierte das Fed Watch Tool der CME Group nach der Veröffentlichung des jüngsten Berichts mit einer Wahrscheinlichkeit von über 60%, dass die Währungshüter nächsten Monat die Zielzone für den Tagesgeldsatz von 5,25 bis 5,50% auf 4,75 bis 5% zurückschrauben werden. Darauf könnten dann in den kommenden Monaten weitere Leitzinssenkungen um jeweils 25 Basispunkte folgen. 

Eine neue Gewichtung der Geldpolitik hatte Notenbankchef Jerome Powell schon nach der jüngsten Sitzung des FOMC angesprochen. Er wies darauf hin, dass sich das Stellenwachstum entschleunigt hat. Deswegen wolle die Fed ihr Augenmerk verstärkt auf den Arbeitsmarkt richten und wäre bereit, im Falle eines Einbruchs schnell mit entsprechenden Lockerungen zu reagieren. 

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.