US-Arbeitsmarkt

US-Jobwachstum gerät ins Stocken

Der Arbeitsmarkt hat im Privatsektor erneut enttäuscht. US-Notenbankchef Jerome Powell hatte vor Kurzem signalisiert, dass die Fed dieses Jahr noch mit dem Tapering beginnen könnte. Die aktuellen Arbeitsmarkt-Daten lassen daran nun Zweifel aufkommen.

US-Jobwachstum gerät ins Stocken

det Washington

Die Erholung am US-Arbeitsmarkt hat an Schwung eingebüßt und dürfte Notenbankchef Jerome Powell in der Überzeugung bestätigen, dass noch einige Hürden genommen werden müssen, ehe die Fed beginnen wird, ihre Anleihekäufe zurückzufahren.

Nach Angaben des Arbeitsmarktdienstleisters Automatic Data Processing (ADP) entstanden ohne Berücksichtigung des Agrarsektors im August in der Privatwirtschaft 374000 neue Jobs. Die Zahl liegt deutlich unterhalb der von Ökonomen vorausgesagten 600000 Neueinstellungen. Die Aufmerksamkeit der Währungshüter gilt nun dem Bericht des Bureau of Labor Statistics (BLS) des Arbeitsministeriums, der am Freitag veröffentlicht wird.

Der ADP-Bericht unterstreicht jedenfalls, dass die Delta-Variante des Coronavirus kräftig auf die Erholung am Arbeitsmarkt durchgeschlagen hat. Zwar konzentrierte sich das Stellenwachstum ein weiteres Mal auf das Gast- und Freizeitgewerbe, wo 201000 der neuen Jobs entstanden. Steigerungen wurden auch im Bildungs- und Gesundheitswesen gemessen. 329000 der Neueinstellungen entfielen auf den Dienstleistungssektor und nur 45 000 auf die Industrie. Das verarbeitende Gewerbe enttäuschte mit einem Plus von nur 6000 Jobs ein weiteres Mal.

Wie Mark Zandi, Chefvolkswirt bei Moody’s Analytics feststellt, „hat die Delta-Variante dem Arbeitsmarkt einen vorübergehenden Dämpfer verpasst“. Einerseits sei solides Stellenwachstum zu beobachten, „das sich mittlerweile aber deutlich verlangsamt hat“, sagt Zandi. Die Entwicklung in den kommenden Monaten sei „untrennbar an den weiteren Verlauf der Pandemie gekoppelt“. In den USA sind die täglichen Neuerkrankungen auf über 160000 geklettert mit weiter steigender Tendenz.

Abweichende Zahlen

Experten wollen die jüngsten Zahlen deswegen nicht überbewertet wissen, weil es zuletzt erhebliche Diskrepanzen zwischen dem ADP-Bericht und dem des Arbeitsministeriums gegeben hatte. So entstanden im Juli laut BLS, welches auch den öffentlichen Sektor erfasst, 943000 neue Jobs. ADP meldete hingegen eine Zunahme um nur 326000. Folglich rechnen Ökonomen ungeachtet der ADP-Zahlen im August mit einer Zunahme um etwa 740000 und einem Rückgang der Erwerbslosenquote von 5,4 auf 5,2%.

Dem Bericht kommt gerade nach der Rede Bedeutung zu, die Powell vergangene Woche bei der virtuell abgehaltenen Währungskonferenz hielt, die in diesem Jahr erneut nur digital stattfand. Dort sagte der oberste US-Währungshüter, dass an der Inflationsrate gemessen jene „substanziellen Fortschritte“ realisiert worden seien, die es zu erreichen gelte, ehe die Fed beginnen würde, die Anleihekäufe zu drosseln (Tapering).

Am Arbeitsmarkt sei aber noch ein weiter Weg zurückzulegen, betonte Powell. Die Erwerbslosenquote von 5,4% nannte er „viel zu hoch“. Auch wies er auf die relativ niedrige Partizipationsrate sowie das unebene Stellenwachstum hin, von dem Minderheiten und sozial Schwächere nicht ausreichend profitieren würden. Gleichwohl räumte er erstmals ein, dass es bei einer weiteren Erholung am Arbeitsmarkt „angemessen sein könnte, dieses Jahr mit Tapering zu beginnen“. Für eine baldige Drosselung der Käufe hatten sich zuvor mehrere Fed-Gouverneure ausgesprochen. Einige drängen darauf, dass der Offenmarktausschuss (FOMC) bereits bei der wohl wegweisenden September-Sitzung einen Zeitplan bekanntgibt.

Dass sich der Konjunkturaufschwung mit stetem Tempo fortsetzt, unterstreichen auch die Einkaufsmanagerindizes des Forschungsinstituts IHS Markit und des Institute for Supply Management (ISM) für die Industrie. Der IHS-Markit-Index gab zwar im August von 63,4 auf 61,1 Punkte nach. Der Einkaufsmanagerindex ISM stieg im Vergleich zum Vormonat aber überraschend um 0,4 Punkte auf 59,9 Zähler. Die Inputpreise stiegen so kräftig wie seit über 14 Jahren nicht mehr. Beide Sammelindizes spiegeln eine kräftige Zunahme der Neuaufträge wider.