Deutsche Industrie

US-Nachfrage treibt deutsche Exporte

Die deutschen Exporteure haben im Februar vor allem wegen der starken US-Nachfrage ihre Geschäfte ausgeweitet. Dies ist allerdings nur einem Vorzieheffekt geschuldet – im weiteren Jahresverlauf werden die reziproken Zölle die Wirtschaft bremsen.

US-Nachfrage treibt deutsche Exporte

US-Nachfrage treibt deutsche Exporte an

Ausfuhren legen stärker als erwartet zu – Industrieproduktion enttäuscht – Bau und Energie belasten

ba Frankfurt

Vorzieheffekte wegen der neuen US-Zölle haben die Produktion entgegen den Erwartungen im Februar nicht gestützt, die Exporte aber etwas beflügelt. Da die deutsche Wirtschaft stark exportorientiert ist, dürften die von US-Präsident Donald Trump bereits ausgesprochenen reziproken Zölle die Entwicklung im weiteren Jahresverlauf stark belasten. Ökonomen warnen vor einer Rezession, sollten sich keine Verhandlungslösungen finden lassen. Zumal sich das von der künftigen Bundesregierung angedachte Infrastrukturpaket erst später positiv bemerkbar machen wird.

Höherer Überschuss

Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) sind die Ausfuhren im Februar im Monatsvergleich um 1,8% auf 131,6 Mrd. Euro geklettert. Ökonomen hatten nach der Stagnation zu Jahresbeginn ein Plus von 1,3% prognostiziert. Da die Einfuhren zugleich um 0,7% auf 113,8 Mrd. Euro zulegten, weitete sich der Handelsbilanzüberschuss auf 17,7 Mrd. Euro nach zuvor 16,2 Mrd. Euro aus.

„Das dicke Ende kommt erst noch“

„Der Aufwind im deutschen Export im Februar ist erfreulich, darf uns aber nicht täuschen", kommentierte Dirk Jandura, Präsident des Außenhandelsverbandes BGA. Der starke Anstieg der Exporte in die Vereinigten Staaten um 8,5% auf 14,2 Mrd. Euro belege eindeutig, dass es sich um Vorzieheffekte gehandelt habe: „US-Firmen haben gebunkert, die deutschen Firmen Lieferungen vorgezogen.“ Euphorie sei aber fehl am Platz, das dicke Ende komme erst noch.

Trump hat vergangene Woche Zölle von 20% auf fast alle Waren aus der EU verkündet, für Stahl, Aluminium und Autos sind es 25%. „Unternehmen sind gut beraten, sich rasch nach anderen Handelspartnern als den USA umzusehen“, betonte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Jandura betonte daher auch, die begonnenen Verhandlungen zu Freihandelsabkommen mit Australien, Indien, Indonesien und Malaysia seien „nicht nur zu intensivieren, sondern auch zügig abzuschließen“. Im vergangenen Jahr gingen 10,4% aller deutschen Exporte in die USA, vor allem aus den Bereichen Automobil, Maschinenbau und Pharma.

Fast 40% der exportierten Schiffe gehen in die USA

Eine Untersuchung der DZ Bank macht zudem im sonstigen Fahrzeugbau und der Herstellung sonstiger Waren eine hohe Abhängigkeit von Exporten in die USA aus. Hier fänden sich Unterbranchen mit einer hohen Auslandsumsatzquote sowie einem besonders hohen Anteil der Ausfuhren in die USA, schreibt der Ökonom Claus Niegsch. Bei Schiffen betrage der US-Anteil an den Branchenexporten 38,5%, bei Flugzeugen seien es 19,4%, und im sonstigen Fahrzeugbau insgesamt 17,5%. Innerhalb der sonstigen Waren werden vor allem medizinische und medizintechnische Apparate und Materialien in den USA nachgefragt. Die Pharmabranche ist Berechnungen der DZ Bank zufolge mit einem Anteil der US-Exporte an den gesamten Branchenausfuhren mit 24,1% am stärksten betroffen, in den für Deutschland gewichtigen Branchen Maschinenbau und Automotive sind es 13,3% bzw. 13,2%.

Der Autobauer Audi etwa liefert Medienberichten zufolge keine Autos mehr in die USA aus. Alle Fahrzeuge, die nach dem 2. April in die USA gelangt seien, sollen vorerst zurückgehalten und nicht an die Händler übergeben werden. Diese sollten zunächst ihre Lagerbestände zu reduzieren. Derzeit habe Audi in den USA mehr als 37.000 Autos auf Lager, die nicht von den neuen Zöllen betroffen seien und damit verkauft werden könnten, sagte eine Audi-Sprecherin zu Reuters. Das reiche aus für etwa zwei Monate. Audi verfügt über keine eigene Produktionsstätte in den USA und muss sämtliche Fahrzeuge importieren.

Die deutschen Ausfuhren nach China legten im Februar um 0,6% auf 6,8 Mrd. Euro zu, wohingegen nach Großbritannien mit 6,5 Mrd. Euro um 3,8% weniger Waren geliefert wurden als im Vormonat. Die Exporte in die gesamte EU stiegen um 0,5%, diejenigen in die Länder des gemeinsamen Währungsraums um 0,3%.

Rekordniedriger Wasserstand

ING-Chefökonom Carsten Brzeski betont, dass neben den direkten Auswirkungen der Zölle und den indirekten Folgen für das Vertrauen auch die Pegelstände derzeit die Wirtschaftstätigkeit belasten: „Die Wasserstände in den deutschen Flüssen sind derzeit so niedrig wie nie zuvor für diese Jahreszeit.“ Die Schiffe könnten derzeit nur etwa 50% ihrer normalen Ladung transportieren. Einen Trost zieht er aber aus der aktuellen Situation – die Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit in den USA könnte deutsche Unternehmen davon abhalten, ihre Produktion in die USA zu verlagern.

Seitwärtsbewegung fortgesetzt

Im Februar setzte die Industrieproduktion die Seitwärtsbewegung fort: Destatis zufolge fertigten Industrie, Bau und Energieerzeuger 1,3% weniger als im Vormonat. Ökonomen hatten nach dem Zuwachs von 2,0% im Januar mit einer Gegenbewegung gerechnet, aber nur um 0,8%. Dabei drosselte die Industrie im engeren Sinne den Output um 0,5% wohingegen die Rückgänge im Baugewerbe (–3,2%) und im Bereich Energie (–3,3%) laut Bundeswirtschaftsministerium „deutlich stärker als saisonüblich“ ausfielen.

Aber auch das Minus in der Nahrungsmittelindustrie (–5,3%) beeinflusste das Gesamtergebnis negativ. Einen positiven Effekt notieren die Wiesbadener Statistiker für den Bereich der Herstellung von elektrischen Ausrüstungen (3,3%).

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