US-Wirtschaft nah an der Rezession
det Washington
Die US-Wirtschaft ist von April bis Juni das zweite Quartal in Folge geschrumpft. Wie das Bureau of Economic Analysis (BEA) des Handelsministeriums berichtete, schrumpfte die annualisierte Wirtschaftsleistung um 0,9%. Erwartet hatten Bankvolkswirte eine Zunahme um 0,5%. Von Januar bis März hatte die aufs Jahr hochgerechnete Wachstumsrate bei −1,6% gelegen.
Ein tiefer Einbruch wurde bei den Unternehmensinvestitionen gemessen, die um 13,5% nachgaben. Rückläufig waren auch die Staatsausgaben. Teilweise aufgefangen wurde die Wirtschaft hingegen vom Privatkonsum, der mit einem Anstieg um 1,0% dennoch schwächer ausfiel als zuvor. Hilfreich waren auch die gestiegenen Ausfuhren. Indes unterstreicht der Anstieg des PCE-Preisindex, der um 7,1% und an der Kernrate (ohne Energie und Lebensmittel) gemessen um 4,4% zulegte, dass der Inflationsdruck anhält.
Obwohl einige Ökonomen die Auffassung vertreten, dass mit zwei aufeinanderfolgenden Quartalen negativen Wachstums die Wirtschaft bereits in einer Rezession steckt, ist die Mehrheit der Experten der Meinung, dass diese Bewertung der gesamtwirtschaftlichen Lage nicht gerecht wird. In den USA entscheidet das National Bureau of Economic Research (NBER), wann eine Rezession gegeben ist. Hierfür wird eine breite Palette an Indikatoren verwendet, auch der Arbeitsmarkt, der trotz der Wachstumsschwäche weiter in relativ starker Verfassung ist.
Wirtschaft gerät ins Stocken
„Wir befinden uns noch nicht in einer Rezession, doch die Wirtschaft ist bedenklich ins Stocken geraten und fast zum Stillstand gekommen“, sagte Mark Zandi, Chefvolkswirt bei Moody’s Analytics. Bantleon-Ökonom Andreas Busch verweist auf die 375000 neuen Stellen, die im Monatsschnitt geschaffen wurden. „Die robuste Arbeitsmarktentwicklung spricht gegen eine Rezession“, so Busch. Zuvor hatten sowohl US-Präsident Joe Biden als auch Finanzministerin Janet Yellen die Überzeugung vertreten, dass der Begriff der Rezession die Wirtschaftslage unnötig dramatisiere.
Unterdessen lassen im Weißen Haus sowohl die Aussichten auf eine leichte Entschärfung der Geldpolitik als auch die Verabschiedung eines neuen Konjunkturgesetzes vorsichtigen Optimismus aufkommen. Im Anschluss an die jüngste Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) hatte Notenbankchef Jerome Powell zwar betont, dass die Inflationsbekämpfung das vorrangige Ziel der Fed bleibe. Gleichwohl räumte er deutlicher als zuvor ein, dass die Konjunkturschwäche der Fed zunehmende Sorgen bereite. Er verwies auf das langsamere Wachstum der Konsumausgaben, das ein Ergebnis gesunkener Realeinkommen sei. Auch räumte er den kräftigen Rückgang der Unternehmensinvestitionen und die Abschwächung am Häusermarkt ein, die eine Folge gestiegener Zinsen sei. Folglich rechnen Analysten nun im September mit einer Zinserhöhung um 50 anstelle von 75 Basispunkten.
Für eine Überraschung sorgte dann einige Stunden nach der FOMC-Sitzung der US-Senat, aus dem verlautete, dass sich Demokraten und Republikaner auf Eckpunkte eines neuen Konjunkturprogramms verständigt hätten. Der „Inflation Reduction Act of 2022“ sieht 369 Mrd. Dollar zur Förderung erneuerbarer Energien und 64 Mrd. Dollar vor, um Zuschüsse für Empfänger staatlicher Krankenversorgung zu verlängern. Dem sollen 739 Mrd. Dollar an Einnahmen gegenüberstehen. Diese sollen aus höheren Steuern für Unternehmen und wohlhabende Haushalte ebenso wie aus dem Aushandeln niedrigerer Pharma-Preise durch die staatliche Krankenversorgung Medicare kommen.
Die daraus resultierende Verringerung des Haushaltsdefizits um über 300 Mrd. Dollar ist umso dringlicher, als die Haushaltsbehörde Congressional Budget Office (CBO) in einem neuen Bericht vor einem dramatischen Anstieg der Neuverschuldung warnt. Getrieben von Zinszahlungen werde die Defizitquote, die dieses Jahr bei 3,9% liegen dürfte, in den kommenden 30 Jahren im Schnitt 7,3% betragen und 2052 dann 11,1% erreichen. Laut CBO „wird die Schuldenquote im Jahr 2052 185% erreichen, das Wachstum bremsen und die Anfälligkeit für eine Finanzkrise erhöhen“.
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