USA vor weiter wachsendem Schuldenberg
Serie zur US-Präsidentschaftswahl: Steuer- und Haushaltspolitik (3)
Der Wahlsieger wird das Loch im Staatsetat noch vergrößern
Die steuerpolitischen Pläne der Präsidentschaftskandidaten Trump und Harris treiben die Staatsschulden gleichermaßen nach oben
Unterschiedlicher könnten die steuerpolitischen Pläne von US-Vizepräsidentin Kamala Harris und des republikanischen Kandidaten Donald Trump kaum sein. Sicher ist nur, dass die Hilfsprogramme und Steuererleichterungen, die beide versprechen, das Loch im Staatshaushalt noch weiter aufreißen werden.
Von Peter De Thier, Washington
Von dem legendären Strategen James Carville stammt der Spruch: „It‘s the economy, stupid!“ Damit wollte der Berater des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton klarmachen, dass allein die Wirtschaft den Ausgang von Wahlen bestimmt. Das haben auch Vizepräsidentin Kamala Harris und der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump erkannt. Vor dem Hintergrund des hohen Preisniveaus und einer spürbaren Verlangsamung am Arbeitsmarkt wollen beide die Wähler davon überzeugen, dass ihre jeweiligen steuerpolitischen Programme die Privathaushalte entlasten und insbesondere den Lebensstandard der Mittelklasse anheben würden.
Wer aber hat die besseren Ideen? Die Demokratin will mittleren Einkommensbeziehern und Ärmeren helfen. Auch plant Harris, Besserverdienende und große Unternehmen stärker zur Kasse zu bitten. Trump hat hingegen angekündigt, auf breiter Front die Steuern senken zu wollen. Nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Haushalte in fast allen Einkommensklassen. Nebulös sind sowohl bei Harris als auch bei Trump die Pläne zur Gegenfinanzierung. Einig sind sich Experten lediglich darüber, dass unter dem ehemaligen Präsidenten das Haushaltsdefizit und somit die gesamte Staatsverschuldung während der kommenden Jahre deutlich stärker steigen würden als bei Harris.
„Steuergeschenke für Millionäre“
In den entscheidenden Monaten vor der Präsidentschaftswahl nimmt die Rhetorik zuweilen Züge eines Klassenkampfs an. Harris wirft ihrem Gegner vor, er propagiere zu Lasten ärmerer Amerikaner „Steuergeschenke für seine Millionär-Kumpels“. Auch wolle er Sozialprogramme, auf die Millionen von Wählern angewiesen sind, zusammenstreichen. Der Ex-Präsident kontert mit der Behauptung, die Vizepräsidentin sei eine „radikale Sozialistin“, deren Pläne „die Wirtschaft zerstören“.
Tatsächlich sind die haushaltspolitischen Ansätze der Kandidaten von starken Kontrasten geprägt. Trump hat sich die Latte hoch gelegt. Nach derzeitiger Rechtslage werden nämlich viele der Steuererleichterungen, die er 2017 als Präsident durchgesetzt hatte, Ende 2025 außer Kraft treten. Der Republikaner will diese nicht nur verlängern, sondern den Unternehmenssteuersatz obendrein von 21% auf 20% senken. Für Firmen, die in den USA produzieren, soll zudem ein niedrigerer Satz von 15% gelten. Auch sollen die wohlhabendsten Haushalte weniger ans Finanzamt abführen. Für sie hatte der Republikaner den Grenzsteuersatz bereits von 39,6% auf 37% gesenkt. Dieser soll noch weiter runter gehen.
Hilfe für Neugründungen
Nach Ansicht der Demokratin zahlen hingegen einige der reichsten Konzerne, die Gewinne in Milliardenhöhe einfahren und mit höheren Dividenden ihre Aktionäre belohnen, eindeutig zu wenig. Harris will den Unternehmenssteuersatz daher von 21% auf 28% hochschrauben. Im Gegenzug hat sie die Absicht, Steuernachlässe für Neugründungen und kleine Betriebe um 5.000 auf 50.000 Dollar zu erhöhen. Auch will sie Millionäre zur Kasse bitten. So plant Harris eine Anhebung der Kapitalzuwachssteuer von 20 auf 28%. Damit werden Wertzuwächse beim Verkauf von Wertpapieren und Immobilien besteuert. Unterdessen will sie der Mittelklasse mit höheren Kinderfreibeträgen und Zuschüssen von 25.000 Dollar für Erstkäufer eines Eigenheims helfen. Einig sind Trump und Harris, dass sie im Buhlen um Wähler der unteren Mittelklasse Steuern für Trinkgelder und Überstunden abschaffen wollen.
Kontrastreich sind auch die Pläne zur Gegenfinanzierung. So glaubt Harris, mit höheren Unternehmenssteuern und Einkommenssteuern für die reichsten Haushalte die Nachlässe für die Mittelklasse bezahlen zu können. Trump setzt hingegen auf Einfuhrzölle, die Importe im Wert von 3,5 Bill. Dollar pro Jahr treffen könnten. So will er sämtliche Einfuhren mit Abgaben von 10 bis 20% überziehen; China-Importe gar mit Zöllen von mindestens 60% belegen.
Steigende Defizite
Angesichts des hohen Schuldenbergs schenken Ökonomen insbesondere der Budgetwirksamkeit der Programme große Aufmerksamkeit. So machten die Staatsschulden im zweiten Quartal dieses Jahres knapp 122% der Wirtschaftsleistung aus. Dabei sind Experten überzeugt, dass sowohl die Pläne der Vizepräsidenten als auch des Republikaners das Loch im Staatshaushalt weiter aufreißen würden.
Das Penn Wharton Modell der University of Pennsylvania geht davon aus, dass unter Trump das Budgetdefizit während der nächsten 10 Jahre um 5,8 Bill. Dollar anschwellen würde. Das haushaltspolitische Programm der Demokratin würde die Neuverschuldung indes „nur“ um 1,2 Bill. Dollar hochtreiben. Unter beiden würden den Ökonomen zufolge private Haushalte kurzfristig profitieren. Mit den Folgen der höheren Staatsschulden müssten dann künftige Generationen fertig werden. Welches Paket die Wähler vorziehen, wird während der kommenden sechs Wochen von der Vermarktung sowie der Überzeugungsarbeit abhängen, die Trump und Harris leisten.
Die Serie:
Teil 1: Endspurt im Rennen um die Präsidentschaft
Teil 1a: Offenes Rennen um die US-Präsidentschaft
Teil 2: US-Handelspolitik mit der Brechstange
Zuletzt erschienen:
Protektionismus (12.9.)
Endspurt im Rennen um die
US-Präsidentschaft (5.9.)