Verbraucher erwarten geringere Inflation
Verbraucher erwarten geringere Euro-Inflation
Konsumenten gehen von 3,4 Prozent in zwölf Monaten aus – Debatte über langfristige Entwicklung
mpi Frankfurt
Die Konsumenten in der Eurozone gehen von einem stärkeren Rückgang der Inflationsrate aus als bisher, erwarten aber dennoch, dass die Europäische Zentralbank (EZB) über Jahre hinweg ihr Teuerungsziel verfehlen wird. Im Median rechnen sie damit, dass die Inflation in zwölf Monaten 3,4% betragen wird. Das ist das Ergebnis des Consumer Expectations Survey (CES) für Juni, den die EZB am Dienstag veröffentlichte. Bei der Befragung im Mai hatten die Verbraucher noch eine Teuerung von 3,9% prognostiziert.
In drei Jahren liegt die Teuerung laut den Erwartungen der befragten Konsumenten bei 2,3%, nach 2,5% bei der Erhebung im Mai. Damit würde die EZB ihr Inflationsziel von 2% auch Mitte 2026 noch nicht erreicht haben. Im Median rechnen die Befragten zudem mit einer Stagnation der Wirtschaft in den kommenden 12 Monaten.
Finanzmärkte erwarten hohe Inflation
Die Ergebnisse des CES decken sich mit den Prognosen an den Finanzmärkten. Dort gehen die Anleger sogar für einen noch längeren Zeitraum davon aus, dass die Inflation in der Eurozone über 2% liegen wird. Der 5-Jahres-Inflationsswap befindet sich mit 2,67% auf dem höchsten Stand seit dem Jahr 2010. Das bedeutet, dass die Marktteilnehmer davon ausgehen, dass die Teuerung von 2028 bis 2033 durchschnittlich bei 2,67% liegen wird.
Dies befeuert die Debatte, ob die Inflation in der Eurozone aufgrund von strukturellen Veränderungen in der Wirtschaft grundsätzlich in der Zukunft höher sein wird, als sie es in der Vergangenheit war. Einige Ökonomen gehen davon aus, dass die Transformation der Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit, aber auch der durch den demografischen Wandel bedingte Fachkräftemangel dazu führen, dass das Inflationsniveau höher ist als in den vergangenen Jahrzehnten.
Aus diesem Grund befürwortet Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), eine Aufgabe des quantitativen Inflationsziels. Dies würde laut Fratzscher einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung von Erwartungen leisten und die Glaubwürdigkeit der EZB schützen. Andere Ökonomen sprechen sich für eine Anhebung das Inflationsziels auf 3% oder 4% aus. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte auf der Notenbankkonferenz im portugiesischen Sintra Ende Juni betont, dass eine Erhöhung des Inflationsziels nicht infrage käme, solange die Teuerung über dem aktuellen Zielwert liegt.
Signale für September
Piet Christiansen, Chefstratege bei der Danske Bank, erwartet wegen der jüngsten Daten zur Inflationserwartung der Verbraucher und an den Finanzmärkten, dass die EZB bei der kommenden Zinssitzung im September erneut straffen wird. Indikatoren wie Inflationsswaps und Prognostikerumfragen seien für die EZB „von entscheidender Bedeutung“, „und keiner von ihnen ist mit einer Pause im September vereinbar“, sagte Christiansen. „Die Inflationserwartungen sind immer noch besorgniserregend.“
Auch Tomasz Wieladek, Chefökonom für Europa beim Finanzdienstleistungsunternehmen T. Rowe Price, geht von einer weiteren Zinserhöhung aus. „Die nächsten wichtigen Daten in diesem Monat sind die Veröffentlichung des ausgehandelten Lohnwachstums durch die EZB im Laufe des Augusts und die Inflation für August 2023 am Ende des Monats“, sagte Wieladek. „Bislang bin ich der Meinung, dass die Anzeichen für eine Zinserhöhung im September im Hinblick auf die Inflationserwartungen, die Widerstandsfähigkeit des Wachstums und die tatsächliche Inflationsstabilität weiterhin für eine Zinserhöhung sprechen.“
Deutsche Teuerung lässt nach
Die Inflationsrate in Deutschland ist derweil im Juli wie erwartet auf 6,5% nach EU-harmonisierter Berechnungsmethode (HVPI) gefallen. Das Statistische Bundesamt bestätigte am Dienstag seine erste Schätzung. Im Juni hatte die Jahresrate noch 6,8% betragen. Vor allem höhere Lebensmittelpreise treiben die Inflation derzeit an.