Verbrauchern geht die Festtagsstimmung ab
Verbrauchern geht die Festtagsstimmung ab
Online-Shopping aber hoch im Kurs – Frühbarometer zeugen von Problemen am Jobmarkt – ESI legt unerwartet zu
ba Frankfurt
Black Friday, Cyber Monday, Nikolaus – und Weihnachten steht auch schon vor der Tür: Die Verbraucher zeigen sich im November aber einfach noch nicht in Konsumlaune. Dabei zählen Ökonomen auf den Privatkonsum als Wachstumsstütze. Die immer noch hohen Miet- und Energiepreise, die Inflation und die sich eintrübenden Aussichten am Jobmarkt sorgen neben den geopolitischen Unsicherheiten dafür, dass die Verbraucher das Portemonnaie nur zögerlich öffnen. Wenn aber Geld ausgegeben wird, dann gerne online.
Rekordwert erwartet
Laut des Statistischen Bundesamts (Destatis) ist Online-Shopping in den vergangenen drei Jahren weiter gestiegen. Gut 83% der Bevölkerung oder rund 52 Millionen Menschen im Alter von 16 bis 74 Jahren haben schon einmal etwas im Internet gekauft oder bestellt. In der vorherigen Erhebung 2021 lag der Anteil bei 80%. Vor allem während den Lockdowns in der Corona-Pandemie, als die Geschäfte schließen mussten, hatten Onlinehändler reüssiert. Der Einzelhandelsverband HDE erwartet für das laufende Jahr im Online-Handel einen Umsatz in Höhe von 87,1 Mrd. Euro nach 85,4 Mrd. Euro im Vorjahr. Zum Vergleich: Im Coronajahr 2021 waren es 86,7 Mrd. Euro.
Ältere kommen immer mehr auf den Geschmack
Während vor allem Menschen in der mittleren Altersgruppe gerne online einkaufen – laut Destatis sind es 89% der 25- bis 54-Jährigen – ist der Anteil bei den 55- bis 74-Jährigen am stärksten gestiegen: von rund 66% im Jahr 2021 auf nun 73%. In den anderen Altersgruppen ist der Anteil in etwa gleich geblieben und auch zwischen den Geschlechtern gibt es kaum Unterschiede.
Fast jeder Zweite kauft Kleidung
Am häufigsten landen mit 48% Kleidung, Schuhe oder Accessoires im virtuellen Einkaufswagen, gefolgt von Filmen, Serien und Musik mit 40%. Dies umfasst sowohl den Kauf physischer Produkte wie CDs, DVDs und Schallplatten als auch kostenpflichtige Abonnements von Online-Streaming-Diensten. Zunehmend werden auch Lebensmittel, Getränke, Drogerieprodukte oder Tierfutter im Netz geordert (29%), ebenso Bücher, Zeitungen oder Zeitschriften (27%) sowie Eintrittskarten (26%). Etwa jeder Vierte bestellt Essen oder bucht Unterkünfte über das Internet.
Konsumklima sinkt
Allerdings zeigen sich die Verbraucher in Deutschland derzeit eher verschnupft: Das von der EU-Kommission erhobene Konsumklima gibt im November um 2,1 auf –10,8 Punkte nach, das GfK-Konsumklima wird für Dezember mit −23,3 Punkten prognostiziert, das sind 4,9 Zähler weniger als im Vormonat. Nicht viel besser sieht es im Euroraum aus: Auch hier hat sich die Stimmung der Verbraucher eingetrübt, ebenso wie bei den Dienstleistern. Nachdem die Laune in der Industrie und im Einzelhandel zugelegt hat und in der Bauwirtschaft unverändert ist, hat sich die Wirtschaftsstimmung im Euroraum insgesamt unerwartet etwas aufgehellt. Der Economic Sentiment Indicator (ESI) legte laut EU-Kommission um 0,1 auf 95,8 Punkte zu. Ökonomen hatten mit einem Zählerstand von 95,2 gerechnet.
Stärkste Verbesserung in Frankreich
Unter den größeren Euro-Volkswirtschaften legte der ESI in Frankreich (+3,0 Punkte), Spanien (+2,1) und den Niederlanden (+1,5) zu. Stimmungseintrübungen verzeichnete die Brüsseler Behörde hingegen für Deutschland (–1,3) und Italien (–0,3).
Lage am Jobmarkt wird schwieriger
Frühbarometer zeigen zudem, dass der Rückenwind vom Arbeitsmarkt immer deutlicher nachlässt. Nachdem schon das European Labour Market Barometer für den Jobmarkt im gemeinsamen Währungsraum im November auf den niedrigsten Stand seit 2020 gefallen ist, zieht der Employment Expectations Indicator (EEI) der EU-Kommission nach. Der EEI gab um 0,3 auf 98,9 Punkte nach, vor allem wegen der geringeren Beschäftigungspläne im Einzelhandel und der Baubranche.
Die im EEI nicht enthaltenen Jobsorgen der Verbraucher haben kräftig zugelegt: Deren Index kletterte um 5,1 auf 26,1 Punkte – das langjährige Mittel liegt bei 23,7 Zählern. Der Labour Hoarding Indicator (LHI) liegt unverändert bei 9,3 Punkte. Dieser misst für die 27 EU-Mitgliedsländer die Bereitschaft der Unternehmen, am Personal festzuhalten oder Jobs aufbauen zu wollen, obwohl sie mit einem geringeren Geschäft rechnen.
Erneut geringere Arbeitskräftenachfrage
Der BA-X, der Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit (BA), ist im November um 2 auf 105 Punkte gesunken. „Damit setzt der Wert – nachdem er im September und Oktober nicht nachgegeben hatte – seine Abwärtsbewegung fort“, kommentierte die Nürnberger Behörde.
Dabei fiel die Arbeitskräftenachfrage mit Ausnahme der Energie- und Wasserwirtschaft in allen Wirtschaftszweigen geringer als im Vorjahr aus. Teils waren die prozentualen Rückgänge dabei zweistellig, betonte die BA. Besonders stark waren die prozentualen Rückgänge bei den qualifizierten Unternehmensdienstleistungen, in Land- und Forstwirtschaft, im Gastgewerbe, in Banken, Finanzen und Versicherung sowie im verarbeitenden Gewerbe. In absoluten Zahlen gab es das kräftigste Minus bei den qualifizierten Unternehmensdienstleistungen, im verarbeitenden Gewerbe sowie im Handel.
Der größte Anteil gemeldeter Stellen geht laut BA mit 22% erneut auf Zeitarbeitsunternehmen zurück, je 12% sind den qualifizierten Unternehmensdienstleistungen und dem Handel zuzurechnen. Weitere jeweils 11% kommen aus dem Gesundheits- und Sozialwesen und dem verarbeitenden Gewerbe. 7% entstammen der Baubranche.
Insgesamt dürfte die BA am Freitag über einen erneuten Anstieg der saisonbereinigten Arbeitslosigkeit berichten – Ökonomen erwarten ein Plus von saisonbereinigt 15.000. Die Arbeitslosenquote dürfte bei 6,1% stagnieren.
Ifo-Beschäftigungsbarometer sinkt
Das Ifo-Beschäftigungsbarometer wiederum sank um 0,2 auf 93,4 Punkte. „Die Industrie versucht, der Krise mit einer Mischung aus Kurzarbeit und Arbeitsplatzabbau zu begegnen“, erklärte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. Aber auch der Handel plant, seine Belegschaft zu verkleinern.
Bei den Dienstleistern, die über lange Zeit mehr Personal eingestellt hatten, gibt es nun ebenso wie im Baugewerbe wenig Bewegung bei der Personalplanung. „Immer mehr Unternehmen stoppen Neueinstellungen“, sagt Wohlrabe. „Zudem diskutieren sie immer häufiger über einen Abbau von Arbeitsplätzen.“
Kurzarbeit wieder beliebter
Zugleich wird in der Industrie wieder vermehrt zum Instrument der Kurzarbeit gegriffen: Im November setzten 17,8% der befragten Firmen auf Kurzarbeit, im August waren es 14,3%. Der Anteil derer, die dies für die kommenden drei Monate erwarten, stieg von 23% auf 28%. „Im Vergleich zu vergangenen Krisen sind diese Anteile an Kurzarbeit jedoch gering“, betonten die Münchener Wirtschaftsforscher. Im Frühjahr 2020, also während der Corona-Pandemie, setzten 59% der Industriefirmen auf Kurzarbeit.
Am weitesten verbreitet ist die Kurzarbeit in der Metallerzeugung (41,7%), gefolgt von den Möbelherstellern (33,7%), der Autobranche (27,2%), den Herstellern elektrischer Ausrüstungen (26,9%), sowie dem Maschinenbau (21,4%). In der energieintensiven Chemie hingegen wurde laut Ifo von keiner nennenswerten Kurzarbeit berichtet.