Euro-Konjunktur

Verbraucher­stimmung bröckelt weiter

Das Verbrauchervertrauen im Euroraum ist im September auf ein Rekordtief abgerutscht. Die rekordhohe Inflation, die Energiekrise und die anhaltende Unsicherheit wegen des Ukraine-Kriegs zehren an den Nerven der Konsumenten.

Verbraucher­stimmung bröckelt weiter

ba Frankfurt

Die Laune der Konsumenten im Euroraum ist im September unerwartet stark abgerutscht und liegt nun auf dem niedrigsten je gemessenen Niveau. Das von der EU-Kommission ermittelte Verbrauchervertrauen sank laut Vorabschätzung um 3,8 auf −28,8 Punkte. Ökonomen hatten zwar einen Rückgang erwartet, aber nur auf −25,5 Zähler. Nachdem das Barometer im Juli auf ein Rekordtief gefallen war, hatte es sich im August leicht erholt. Auch in der EU insgesamt rutschte das Verbrauchervertrauen weiter ab – und zwar um 3,5 auf −29,9 Punkte. Dies ist ebenfalls der niedrigste Stand aller Zeiten, wie die EU-Kommission am Donnerstag mitteilte.

Den Verbrauchern verdirbt insbesondere die rekordhohe Inflation die Lust am Konsum. Aber auch die Sorgen um Sicherheit und Kosten der Energieversorgung in den kommenden Monaten zeigen sich in den Ergebnissen jüngster Stimmungsumfragen deutlich. Noch keinen Niederschlag gefunden haben dürfte hingegen die am Mittwoch verfügte Teilmobilmachung in Russland, auch wenn die EU-Kommission die Daten zwischen dem 1. und 21. September erhoben hat.

Im zweiten Quartal noch hatten insbesondere hohe Konsumausgaben für kontaktintensive Dienstleistungen nach dem Ende der coronabedingten Restriktionen der Euro-Wirtschaft ein Wachstum von 0,8% im Quartalsvergleich beschert. In den Sommermonaten, so erklärt die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrem ebenfalls am Donnerstag vorgelegten Wirtschaftsbericht, nahm die Reisetätigkeit zu, wodurch das Wirtschaftswachstum im dritten Quartal gestützt wurde. Gemäß den Erwartungen des EZB-Rats dürfte sich das Tempo „ im weiteren Jahresverlauf erheblich verlangsamen“, hieß es weiter.

Vier Gründe für Tempoverlust

Vier Gründe benennt die Notenbank: Erstens dämpfe die hohe Inflation Ausgaben und Produktion in der Gesamtwirtschaft. Verstärkt würden diese Bremsfaktoren durch Störungen in der Gasversorgung. Zweitens verliere die mit dem Wiederhochfahren der Wirtschaft eingetretene kräftige Nachfrageerholung bei den Dienstleistungen in den kommenden Monaten an Schwung. Drittens schwänden die Impulse für die Euro-Wirtschaft, da sich die globale Nachfrage auch angesichts der strafferen Geldpolitik vieler großer Volkswirtschaften abschwäche. Und viertens sei die „Unsicherheit nach wie vor hoch, und das Vertrauen sinkt rapide“, schreiben die EZB-Experten. Dies zeigt sich auch in Frankreich in dem von Insee erhobenen Wirtschaftsvertrauen für September, das am kräftigsten im Einzel- und Großhandel sank. Der Gesamtindikator ging um 2 auf 102 Punkte zurück.

Für das laufende Jahr wird gemäß den im September vorgelegten Projektionen ein Wachstum von 3,1% erwartet. 2023 dürfte es sich deutlich auf 0,9% verlangsamen und 2024 wieder auf 1,9% anziehen. Die Inflationsrate dürfte hingegen mit dem deutlich nachlassenden Preisauftrieb bei Energie und Nahrungsmitteln von durchschnittlich 8,1% im Jahr 2022 auf 5,5% im Jahr 2023 und 2,3% im Jahr 2024 zurückgehen. Im August hatte die Jahresteuerungsrate auf 9,1% angezogen. In den kommenden Monaten könnten es auch zweistellige Raten werden.

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