Verkaufspreiserwartungen vor allem bei hoher Inflation relevant
Prognosekraft von Preiserwartungen variiert
EZB-Studie: Vermutete künftige Verkaufspreise vor allem bei hoher Inflation relevant
mpi Frankfurt
Die Verkaufspreiserwartungen von Dienstleistern haben vor allem dann eine hohe Prognosekraft für die spätere tatsächliche Dienstleistungsinflation, wenn die Teuerung insgesamt hoch ist oder sich ein Wendepunkt beim Preisauftrieb auf der Verbraucherstufe anbahnt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Europäische Zentralbank, die im am Donnerstag veröffentlichten Wirtschaftsbericht der Notenbank enthalten ist. Für die Analyse hat die EZB die von der EU-Kommission erhobenen Verkaufspreiserwartungen für Dienstleistungen betrachtet.
Indikator für Verbraucherpreise
Beim vergangenen Wendepunkt ließ die Inflationsrate bei Dienstleistungen zehn Monate nachdem die Preiserwartungen gesunken waren, ebenfalls nach. „Beim jüngsten Inflationsschub zeigten sich die Vorlaufeigenschaften der Verkaufspreiserwartungen im Dienstleistungssektor besonders deutlich“, heißt es im Wirtschaftsbericht der EZB.
Die Notenbank beobachtet die Entwicklung der Inflation im Service-Sektor derzeit besonders genau. In diesem Bereich ist die Teuerung aktuell deutlich höher als in der Industrie. Zum einen wirkt sich die grundsätzliche Entspannung bei den Energiepreisen stärker auf die Preise im Verarbeitenden Gewerbe als bei Dienstleistungen aus. Vor allem führt aber das hohe Lohnwachstum im Service-Sektor zu stärkeren Preisschüben als in der Industrie, weil Dienstleistungen besonders arbeitsintensiv sind.
Zu wenig Entspannung
Verkaufspreiserwartungen können der Notenbank wichtige Hinweise auf die Entwicklung der Verbraucherpreise geben. „Diese Erwartungen lassen derzeit darauf schließen, dass die Preisdynamik im Vergleich zur Zeit des Inflationsschubs erheblich nachgelassen hat“, teilt die EZB mit. „Allerdings sind die Erwartungen im Dienstleistungssektor weniger stark zurückgegangen als im verarbeitenden Gewerbe.“
Zuletzt sind die Preiserwartungen im Dienstleistungssektor in der Eurozone gemessen an den Umfragedaten der EU-Kommission wieder leicht gestiegen. Insgesamt fallen sie aber seit 2023, jedoch in einem vergleichsweise langsamen Tempo. Laut einer Anfang dieser Woche vom Ifo Institut veröffentlichten Umfrage sind die Preiserwartungen der Dienstleistungsunternehmen in Deutschland im Juli etwas gefallen. Die Dienstleistungsinflation selbst fiel im Juli in der Eurozone nach einer Erstschätzung von Eurostat um 0,1 Prozentpunkte. Mit 4,0% ist sie aber dennoch weiterhin höher als es mit einer nachhaltigen Rückkehr zum Preisstabilitätsziel der EZB vereinbar ist.
In ihrer Untersuchung stellt die EZB heraus, dass die Verkaufspreiserwartungen im Dienstleistungssektor ein relevanter Indikator für die Notenbank sind. „Mithilfe der Daten lässt sich der Inflationsdruck auf den vorgelagerten Stufen der Wertschöpfungskette messen, zumal für Erzeugerpreise im Dienstleistungssektor nur eingeschränkt Daten vorliegen.“ Die Prognosekraft nehme jedoch derzeit ab, da sich die Gesamtrate der Inflation langsam normalisiere. In einer Hochinflationsphase passen Unternehmen häufiger ihre Preise an, als es in einer Phase der Preisstabilität der Fall ist. Daher schlagen die Preiserwartungen der Unternehmen stärker auf die tatsächlichen Preise durch, wenn die Inflation insgesamt hoch ist.
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