Warnung vor weiterer expansiver Haushaltspolitik
ahe Brüssel
Der Europäische Fiskalrat (European Fiscal Board, EFB) warnt die EU-Staaten für das kommende Jahr vor einem expansiven Haushaltskurs. Der durch den Krieg in der Ukraine ausgelöste Schock – und damit das Dilemma des schwächeren Wachstums in Verbindung mit einer höheren Inflation – könne nicht durch einen zusätzlichen fiskalischen Stimulus gelöst werden, erklärte das unabhängige Beratergremium der EU-Kommission in einem neuen Bericht. Im Gegenteil: „Es wäre kontraproduktiv und würde die Bemühungen der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Kontrolle der Inflation wieder zunichtemachen“, erklärte der EFB-Vorsitzende Niels Thygesen. Die Finanzpolitik sollte sich nach Einschätzung des Fiskalrates daher auf eine gezielte Unterstützung von gefährdeten privaten Haushalten konzentrieren.
Der Bericht empfiehlt insgesamt einen „moderat restriktiven fiskalischen Impuls“ im Jahr 2023 und hält angesichts der sich rasch verschärfenden finanziellen Bedingungen eine Haushaltskonsolidierung insbesondere für die hoch verschuldeten EU-Länder für wichtig. Die gezielten Stützungsmaßnahmen als Reaktion auf Energiepreissteigerungen sollten diese Länder nicht davon abhalten, die Staatsverschuldung nachhaltig zu senken, hieß es. Dies würde nach Einschätzung des EFB mittelfristig auch dazu beitragen, die Fiskal- und Geldpolitik aufeinander abzustimmen und fiskalische Puffer für künftige Krisen aufzubauen.
Die aktuellen Haushaltspläne der EU-Länder für 2023 geben nach Einschätzung des EFB einen weitgehend angemessenen fiskalischen Impuls – auch da die Covid-bezogenen Notfallmaßnahmen schrittweise eingestellt würden. Thygesen verwies darauf, dass der Krieg in der Ukraine den ohnehin schon rasanten Preisanstieg zwar massiv beschleunige, das real verfügbare Einkommen der EU-Volkswirtschaften verringert und die Produktionskosten in die Höhe getrieben habe. Trotz des starken Gegenwindes dürfte aber das Wachstum positiv bleiben, da die Wirtschaft nach der Pandemie noch eine gewisse Erholungsdynamik aufweise, erklärte er.
Dieses wirtschaftliche Umfeld rechtfertigt nach Angaben des Fiskalrates eigentlich keine Verlängerung der Klausel für einen schweren wirtschaftlichen Abschwung und damit der erneuten Aussetzung der EU-Haushaltsregeln auch 2023, wie von der EU-Kommission geplant. Ein solcher Schritt werde das Erreichen eines angemessenen finanzpolitischen Kurses im nächsten Jahr behindern und zugleich den Druck auf die EU-Mitgliedsländer verringern, rasch eine Einigung über die geplante Reform der Haushalts- und Schuldenregeln zu finden. Die Identifizierung eines „gemeinsamen Landeplatzes“ erweise sich als schwierig.