Geldpolitik

Was die US-Notenbank vorhat – und was das für EZB & Co. heißt

Die US-Notenbank steht vor der Zinswende – trotz des Ukraine-Kriegs. Die Unsicherheit ist aber groß – genau wie die Spannung vor der Fed-Sitzung. Auch die anderen Zentralbanken schauen am Mittwoch gebannt gen Washington.

Was die US-Notenbank vorhat – und was das für EZB & Co. heißt

Von Mark Schrörs, Frankfurt

Die US-Notenbank Fed wird am Mittwoch ihren Leitzins zum ersten Mal seit Dezember 2018 anheben. Daran haben Fed-Chef Jerome Powell und andere US-Notenbanker keinen Zweifel gelassen – auch nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs nicht. Die Frage scheint allenfalls zu sein, ob es 25 oder 50 Basispunkte werden – wobei die Tendenz zuletzt zu einem kleinen Schritt ging. Viel spannender aber ist, wie es danach weitergeht – in Sachen Leitzins und in Sachen Fed-Bilanz. Das treibt auch andere Notenbanken weltweit um.

Wie fast alle Zentralbanken hatte auch die Fed in der Coronakrise ihre Geldpolitik wie nie zuvor gelockert. Den Leitzins schleuste sie im März 2020 auf 0 bis 0,25%, und im gleichen Monat begann sie mit beispiellosen Anleihekäufen. Die Fed-Bilanz ist so auf 9 Bill. Dollar angeschwollen (siehe Grafik). Die Käufe hat sie inzwischen eingestellt. Jetzt soll auch mit dem Nullzins Schluss sein.

Die Fed reagiert damit vor allem auf die hartnäckig sehr hohe Inflation. Die Verbraucherpreisinflation lag im Februar bei 7,9% – so hoch wie seit rund 40 Jahren nicht mehr. Auch die Kernrate (ohne Energie und Lebensmittel) liegt mit 6,4% sehr hoch. Die Fed hat als Inflationsmaß zwar vor allem den sogenannten PCE Deflator im Blick. Aber auch der lag mit 6,1% Gesamtrate und 5,2% Kernrate im Januar deutlich oberhalb des Fed-Ziels von durchschnittlich 2%. Lange Zeit hatte die Fed die Inflation als „vorübergehend“ heruntergespielt, ehe sie im Herbst eine drastische Kehrtwende vollzog.

Jetzt aber kommt die Zinswende zu einem heiklen Zeitpunkt. Die US-Wirtschaft befindet sich zwar nach wie vor in guter Verfassung. Ende 2021 legte das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) hochgerechnet auf das Jahr um 7% zu, und die Arbeitslosenquote liegt nur noch bei 3,8%. Die Unsicherheit über den Ausblick ist aber groß wie selten – und das hat vor allem mit dem Krieg in der Ukraine zu tun. Die US-Wirtschaft gilt zwar als deutlich weniger anfällig als Europa. Immun ist sie aber nicht.

Als unmittelbare Konsequenz des Kriegs dürfte es die Fed am Mittwoch bei 25 Basispunkten belassen – nachdem vor nicht allzu langer Zeit noch 50 Punkte als wahrscheinlicher galten. Die spannendere Frage ist aber, ob der Krieg bereits Spuren bei den weiteren Zinsplänen hinterlässt. Im Dezember 2021 hatten die „Dot Plots“ der Fed drei Leitzinsanhebungen im Jahr 2022 avisiert. Wegen der hohen Inflation gab es dann Stimmen aus der Fed, die mehr für nötig hielten. Einige Marktakteure spekulieren sogar auf ei­ne Anhebung bei jeder der noch sieben Fed-Sitzungen 2022. Der Krieg könnte die US-Währungshüter nun doch vorsichtiger agieren lassen. Langfristig sahen sie den US-Leitzins im Dezember bei 2,5%.

Mindestens genauso spannend ist, wie die Fed beim geplanten Bilanzabbau vorgeht. Powell hat unlängst bestätigt, dass auch der Beginn des Abbaus schnell kommen soll. Dieser Gleichklang aus Zinserhöhungen und Bilanzabbau wäre beispiellos. Zuletzt war vielfach spekuliert worden, die Fed könne ab Sommer die Bilanz um 100 Mrd. Dollar pro Monat reduzieren. Nun rätseln viele, ob sie es doch langsamer angehen lässt.

Wie die Fed nun agiert, beobachten auch andere Zentralbanken sehr genau – weil sie Lehren ziehen wollen, aber vor allem auch, weil es sich auf Zinsen, Wechselkurse und andere Größen weltweit auswirkt. Wenn nun beispielsweise der Euro zum Dollar abwertet, „importiert“ der Euroraum noch mehr Inflation – bei ohnehin rekordhoher Teuerung. EZB & Co. müssen auf der Hut sein.

Die EZB hat vergangene Woche ihren Ausstieg aus den Anleihekäufen beschleunigt. Den Zeitpunkt für eine erste Zinserhöhung hat sie aber offen gelassen. Ein erster Schritt noch 2022 scheint indes nicht ausgeschlossen. Andere sind da schon weiter – und auch schon weiter als die Fed: Die Bank of England etwa hat als erste G7-Zentralbank im Dezember und Februar ihren Leitzins be­reits zweimal angehoben. Für die Sitzung am Donnerstag wird nun ein­e dritte Zinserhöhung in Folge erwartet.

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