Trumps Handelspolitik

Welthandel unter Druck

Der Zollkonflikt mit den USA könnte laut EZB-Ratsmitglied Olli Rehn das europäische Wirtschaftswachstum stark bremsen. Die positiven Effekte der expansiveren Fiskalpolitik auf die Konjunktur dürften dagegen zunächst auf sich warten lassen.

Welthandel unter Druck

Welthandel unter Druck

EZB-Rat Rehn hält regelbasierten internationalen Warenverkehr für bedroht

Der Zollkonflikt mit den USA könnte laut EZB-Ratsmitglied Olli Rehn das europäische Wirtschaftswachstum stark bremsen. Die positiven Effekte der expansiveren Fiskalpolitik auf die Konjunktur dürften dagegen zunächst auf sich warten lassen. Was das alles für die Inflation und die Geldpolitik bedeutet, sei derzeit offen.

mpi Frankfurt

EZB-Ratsmitglied Olli Rehn blickt skeptisch auf die konjunkturelle Entwicklung Europas in den kommenden Monaten. „Die Unsicherheit über die Zollpolitik der USA bremst das Wirtschaftswachstum weltweit“, sagte der finnische Notenbankpräsident am Dienstag in einem Webcast des Finanznachrichtendienstes MNI. Der Zollkonflikt könnte laut Rehn die globale Wirtschaftsleistung um 0,5 Prozentpunkte senken.

„Der regelbasierte internationale Handel ist bedroht“, führte Rehn in Bezug auf die Entwicklungen in den USA aus. Er befürchtet, dass dieser Trend auch länger als nur ein paar Jahre andauern könnte. Der Zollkonflikt belaste bereits jetzt durch die hohe Unsicherheit die wirtschaftliche Entwicklung. Sobald die USA neue Zölle verkündet haben und die EU mutmaßliche Gegenzölle, werde dies die Konjunktur zeitnah weiter bremsen.

Von der geplanten expansiveren Fiskalpolitik Europas zur Stärkung des Militärs erwartet Rehn substanzielle Wachstumseffekte. Bis sich diese realisieren, werde es jedoch dauern. „Auch wenn die Sicherheitslage in Europa wenig Positives bietet, dürften die erwarteten Steigerungen der Verteidigungsausgaben und -investitionen zumindest auf mittlere Sicht das Wachstum stützen“, sagte er. Zudem forderte Rehn, der unter anderem finnischer Wirtschaftsminister sowie Mitglied in der Europäischen Kommission und im Europäischen Parlament war, dass sich die EU-Mitgliedsstaaten bei der Rüstungsbeschaffung gut koordinieren. Insbesondere bei Drohnen und Flugzeugen sei dies von großer Bedeutung.

Phänomenal hohe Unsicherheit

Was der Zollkonflikt und die Fiskalpolitik für die Geldpolitik bedeuten, ist laut Rehn in diesen „seltsamen Zeiten der phänomenalen Unsicherheit“ noch offen. Der Handelsstreit dürfte die Inflation in der Eurozone reduzieren, die expansivere Fiskalpolitik dagegen erhöhen. Beide Effekte bezeichnete das EZB-Ratsmitglied als eher moderat – zumindest für die Eurozone. Den USA drohe dagegen ein größerer Schock, der zu einem Anstieg der Inflation führe.

An den Finanzmärkten herrscht Unsicherheit darüber, ob die EZB im April die Zinsen weiter senkt oder nicht. Rehn hält beide Varianten für denkbar. Allgemein sagte er, dass sich die Notenbank mit Zinssenkungen nicht auf die Sitzungen beschränken müsse, in denen neue Projektionen der EZB zu Inflation und Wirtschaftswachstum anstehen. Das geschieht einmal im Quartal. Das nächste Mal präsentiert die EZB neue Prognosen im Juni.

Fehlende Investitionen

Ein Grund dafür, weswegen die Wirtschaft in der Eurozone und insbesondere Deutschland alles andere als rund läuft, ist die niedrige Investitionstätigkeit der Unternehmen. Die EZB hat die Ursachen hierfür in einem am Dienstag veröffentlichten Papier untersucht. Die Studienautoren machen dabei gleich eine ganze Reihe an Gründen aus, weswegen die Eurozone in diesem Bereich den USA deutlich hinterherhinken.

Manche davon führen dazu, dass Firmen nicht investieren wollen, andere dazu, dass sie nicht investieren können. Zu erster Kategorie zählen die Studienautoren unter anderem den vergleichsweise geringen Binnenkonsum in der EU. Die geopolitische Unsicherheit durch den Krieg in der Ukraine belaste zudem Unternehmen in Europa stärker als in anderen Kontinenten. Außerdem habe der Krieg zu einem Anstieg der Energiekosten geführt.

Zu wenig Tech-Unternehmen

Eine weitere Ursache ist laut den EZB-Ökonomen, dass in Europa relativ wenig große Tech-Unternehmen angesiedelt sind. Bei diesen sei die Investitionsquote hoch. Insgesamt attestieren die Autoren den europäischen Unternehmen vergleichsweise geringe Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E).

Zu den Faktoren, die dazu führen, dass Unternehmen nicht investieren können, zählen die Ökonomen eine teilweise überbordende Regulierung und den Fachkräftemangel. „In der EU sind die Haupthindernisse laut EIB-Investitionsumfrage 2024 der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, hohe Energiekosten, erhöhte Unsicherheit und belastende Vorschriften.“

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