Emissionshandel

Wie aus Strafen Preise wurden

Es fehlt an gemeinsamen Standards im Geschäft mit verbrieften Verschmutzungsrechten. Es ist ein kaum regulierter, höchst schwankungsanfälliger Markt.

Wie aus Strafen Preise wurden

hip London

Vor etwas mehr als einem Jahrzehnt hat der Emissionshandel schon einmal die Finanzwelt begeistert. Das Geschäft mit CO2-Verschmutzungsrechten gehörte in der Finanzkrise zu den am schnellsten wachsenden Segmenten der Branche. Die vom früheren US-Vizepräsidenten Al Gore verkündete „unbequeme Wahrheit“ über den Klimawandel wirkte auf den Finanzplatz überaus angenehm. Großinvestoren wie David Blood, John Doerr und Stanley Fink arbeiteten sich in die Materie ein.

Brasilien hatte bei den Kyoto-Verhandlungen 1997 einen „Clean Development Fund“ vorgeschlagen, der sich aus Strafzahlungen von Ländern speisen sollte, die ihre Treibhausgas-Obergrenze überschritten. Aus diesem Fonds sollten Klimaschutzprojekte im globalen Süden finanziert werden. Im Verlauf der Verhandlungen wurden aus Strafen Preise. Was als rechtliches System gedacht war, wurde zum Markt für CDM-Emissionszertifikate (Clean Development Mechanism) – einem höchst schwankungsanfälligen, kaum regulierten Markt. „Am Klimawandel wird sich dadurch nicht das Geringste ändern, aber eine Menge Leute werden damit viel Geld verdienen“, urteilte damals der britische Wissenschaftler James Lovelock, der mit seinen Forschungsarbeiten zum weltweiten FCKW-Verbot beigetragen hat. Die Umweltschutzorganisation Friends of the Earth warnte bereits vor „Subprime Carbon“.

Am CO2-Markt erwerben Käufer das Recht, eine bestimmte Menge Treibhausgas zu emittieren. Die bislang kostenlose Verschmutzung der Luft erhält dadurch einen Preis. Zudem können Verschmutzungsrechte verkauft werden, sodass Unternehmen, die ihren CO2-Ausstoß verringern können, einen Anreiz dazu haben. Die Idee geht auf den britischen Nobelpreisträger Ronald Coase zurück. „Die Schwäche des CO2-Handelssystems besteht darin, dass die Preise effektiv zentral verwaltet werden, da die Regierungen entscheiden können, wie viel sie in Form von Quoten zulassen“, sagt Bill Winters, der Chef der britischen Großbank Standard Chartered. Eine offene CO2-Steuer wäre aus seiner Sicht ein Ersatz für ein Emissionshandelssystem. „Aber niemand wird eine CO2-Steuer einführen, solange er nicht sicher ist, dass er vor niedrigen CO2-Steuern in anderen Ländern geschützt ist.“ Winters führt die Taskforce on Scaling Voluntary Carbon Markets und setzt sich für Standards ein, die „effektiv einen großen Teil der typischerweise älteren Projekte disqualifizieren (würden), die in einigen Fällen vielleicht nie als Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen qualifiziert gewesen wären“. Andere seien in vielerlei Hinsicht überholt. Der Markt ist nach wie vor fragmentiert. Gemeinsame Standards fehlen bislang.