Erstmals seit drei Jahren

Britische Inflation unter Zielwert

Die Inflation hat im September den Zielwert der Bank of England unterschritten. Das spricht für eine weitere Leitzinssenkung im November. Doch die Hypothekenzinsen steigen.

Britische Inflation unter Zielwert

Britische Inflation unter Zielwert

Hypothekenanbieter erhöhen Zinsen, nachdem Anleiherenditen in Erwartung einer höheren Neuverschuldung gestiegen sind

Die Inflation hat im September den Zielwert der Bank of England unterschritten. Die Dienstleistungsinflation schwächt sich ab. Das spricht für eine weitere Leitzinssenkung im November. Doch die Hypothekenzinsen steigen. Sie orientieren sich an den Renditen der britischen Staatsanleihen, die zuletzt stark anzogen.

hip London

In Großbritannien ist die Teuerungsrate im September erstmals seit drei Jahren deutlich unter den Zielwert der Bank of England gefallen. Wie das Statistikamt ONS mitteilte, ging die Inflation von 2,2% im August auf 1,7% zurück. Damit schwächte sich der Preisauftrieb stärker ab als von Volkswirten erwartet. Sie hatten im Schnitt 1,9% auf der Rechnung. Das Inflationsziel der Notenbank liegt bei 2,0%.

ONS-Chefvolkswirt Grant Fitzner nannte niedrigere Preise für Flugtickets und Benzin als die wesentlichen Treiber des Rückgangs. Die Daten seien „eine willkommene Nachricht für Millionen von Familien“, sagte der Finanzstaatssekretär Darren Jones.

Hoffnungen auf Leitzinssenkung

Die niedrige Inflation stärkte die Hoffnungen auf eine Leitzinssenkung der Bank of England von derzeit 5,0% auf 4,75% im November. Am Markt wurde nach der Veröffentlichung durch das ONS dafür eine Wahrscheinlichkeit von 91% eingepreist. „Alles in allem sollten die heutigen Inflationsdaten Musik in den Ohren des geldpolitischen Komitees der Notenbank sein“, schrieb Sanjay Raja, Chefvolkswirt für Großbritannien bei der Deutschen Bank, in einer ersten Einschätzung.

Die Preisentwicklung für Dienstleistungen, die man im Vereinigten Königreich für zu unbeweglich gehalten habe, verlangsame sich schneller als erwartet, konstatierte Raja. Die Dienstleistungsinflation war erstmals seit zweieinhalb Jahren unter 5,0% zurückgegangen.

Energiepreise steigen im Oktober

Rajas Kollegen von der Lloyds Banking Group wiesen allerdings darauf hin, dass Flugtickets zu den volatilen Komponenten gehören, die bei der Entscheidungsfindung der Geldpolitiker keine große Rolle spielen.

Im Oktober steigt zudem die vom Regulierer verordnete Obergrenze für die Energierechnungen privater Haushalte um ein Zehntel. Der September könnte also für einige Zeit der letzte Monat gewesen sein, in dem der Zielwert für die Inflation unterschritten wird.

Anleiherenditen im Höhenflug

Hypothekenschuldner haben bislang keinen Grund, aufzuatmen. Nachdem Santander bereits in der vergangenen Woche eine Reihe von Angeboten mit der Ankündigung vom Markt genommen hatte, sie mit höheren Zinsen zurückzubringen, kündigten diese Woche auch Natwest und TSB höhere Zinsen an.

Die Banken orientieren sich bei der Preisgestaltung von Immobiliendarlehen an den Renditen britischer Staatsanleihen (Gilts). Diese hatten in Erwartung eines deutlichen Anstiegs der Staatsverschuldung seit Mitte September um einen halben Prozentpunkt angezogen. Schatzkanzlerin Rachel Reeves wird am 30. Oktober ihren Budgetentwurf vorstellen. Dann dürfte Klarheit über den Zustand der öffentlichen Finanzen herrschen.

Schwarzes Loch im Haushalt

Inzwischen bemüht sie sich Medienberichten zufolge, durch Steuererhöhungen und Ausgabensenkungen 40 Mrd. Pfund aufzutreiben. Zuvor war von einem nur 22 Mrd. Pfund tiefen Loch in den öffentlichen Finanzen die Rede.

Das weckte Ängste, die Regierung könnte entgegen ihrem Wahlprogramm die Einkommenssteuer erhöhen. Von einer Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber wird mittlerweile weithin ausgegangen.

Vom Arbeitsmarkt waren am Dienstag gemischte Signale gekommen. Wie das Statistikamt ONS mitteilte, ging die Arbeitslosenquote in den drei Monaten per Ende August von 4,1% auf 4,0%. Volkswirte waren davon ausgegangen, dass sie unverändert bleiben würde. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sank etwas. Das Lohnwachstum ohne Sonderzahlungen ging von 5,1% auf 4,9% zurück.

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