Britischer Arbeitsmarkt kühlt ab
Britischer Arbeitsmarkt
kühlt im Mai weiter ab
Weniger offene Stellen, mehr Anträge auf Arbeitslosengeld
hip London
Die Lage am britischen Arbeitsmarkt hat sich im Mai weiter entspannt. Wie das Statistikamt ONS mitteilte, hat sich das Lohnwachstum in der Privatwirtschaft in den drei Monaten per Ende Mai auf 5,7% verlangsamt. Man muss bis zum Ende August 2022 abgelaufenen Dreimonatszeitraum zurückgehen, um einen niedrigeren Wert zu finden.
Das ist unter zwei Gesichtspunkten bemerkenswert: Zum einen wurde der gesetzliche Mindestlohn im April um ein Zehntel erhöht. Zum anderen griffen Zuwanderungsbeschränkungen, die eigentlich zu einer Verknappung des Arbeitskräfteangebots und damit zu stärker steigenden Löhnen führen müssten.
Volkswirte tippen richtig
Erstmals seit Monaten entsprachen die Daten dem Durchschnitt der Schätzungen von Volkswirten. Die Zahl der ausgeschriebenen Stellen ist weiter gesunken, insbesondere im Einzelhandel und im Gastgewerbe. Die Zahl der Antragssteller auf Arbeitslosengeld ist gestiegen.
Auf Monatsbasis lag die Arbeitslosenquote im Mai bei 4,53%. Der Deutsche-Bank-Volkswirt Sanjay Raja hält es für sehr wahrscheinlich, dass sie beim nächsten Arbeitsmarktbericht auch auf Dreimonatsbasis 4,5% erreichen wird. Im aktuellen Bericht wird sie mit 4,43% angegeben.
„Neutraler Wert“ rückt näher
Das ist mit Blick auf die Zinsentscheidung der Bank of England am 1. August von Bedeutung. Denn auf 4,5% veranschlagt die Notenbank den „neutralen Wert“ (NAIRU, Non-accelerating Inflation Rate of Unemployment) für die Arbeitslosenquote.
„Wir sehen weiterhin einige Anzeichen für eine Abkühlung des Arbeitsmarkts“, sagte Liz McKeown, die für Wirtschaftsstatistiken zuständige Direktorin der Direktorin. Das Beschäftigungswachstum schwäche sich mittelfristig ab, die Arbeitslosigkeit nehme schrittweise zu.
Starkes Reallohnwachstum
Das Lohnwachstum sei zwar vergleichsweise stark, schwäche sich aber wieder ab. Auf realer Basis, unter Berücksichtigung der rückläufigen Inflation also, sei es jedoch so hoch wie in mehr als zweieinhalb Jahren nicht, sagte McKeown.
Die Teuerungsrate verharrte im Juni den zweiten Monat in Folge auf 2,0%, dem Inflationsziel der Bank of England. Sie lag damit allerdings um einen Zehntelpunkt über den Erwartungen von Bankvolkswirten, die mit einer weiteren Abschwächung des Preisauftriebs gerechnet hatten.
Kein konsistentes Muster erkennbar
„Nur weil die Inflation dem Zwei-Prozent-Ziel entspricht, heißt das nicht, dass wir im August eine Leitzinssenkung sehen werden“, sagte die Volkswirtin Melanie Baker von Royal London Asset Management. Die Notenbank blicke auf die Indikatoren für einheimischen Inflationsdruck. Da sei es schwer, in den vergangenen Monaten ein konsistentes Muster zu erkennen, das für einen wesentlichen Rückgang spräche.