Geldpolitik

Zentralbanken stemmen sich gegen hohe Inflation

Weltweit ist die Inflation sprunghaft angestiegen. Jetzt wird sie durch den Ukraine-Krieg zu­sätzlich befeuert. Die Zentralbanken kämpfen gegen die Teuerung an. Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz ist in großer Sorge.

Zentralbanken stemmen sich gegen hohe Inflation

ms Frankfurt

Weltweit stemmen sich Zentralbanken weiter mit teils starken Zinserhöhungen gegen die hartnäckig hohe Inflation. Die südkoreanische Zentralbank hob am Donnerstag ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf 1,75% an – bereits die fünfte Zinserhöhung seit Mitte 2021. Tags zuvor hatte die neuseeländische Notenbank ihren Schlüsselsatz zum zweiten Mal binnen nur sechs Wochen um gleich 50 Basispunkte angehoben – auf jetzt 2,0%. Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz warnte, dass der aktuelle Preisanstieg „um Längen schlimmer“ sei als in den 1970er Jahren.

Weltweit ist die Inflation im vergangenen Jahr vor allem als Folge der Coronakrise sprunghaft und stärker als erwartet angestiegen. Jetzt wird sie durch den Ukraine-Krieg zu­sätzlich befeuert. In den USA etwa lag die Inflation im April bei 8,5%, im Euroraum bei 7,4%. Rund um den Globus straffen die Zentralbanken deshalb die Geldpolitik – allen voran die US-Notenbank Fed (siehe Bericht auf dieser Seite). Zugleich wächst aber die Sorge vor einer globalen Rezession wegen des Kriegs und der neuen Lockdowns in China.

Beim G7-Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs Ende vergangener Woche hatten die Teilnehmer der Inflation den entschlossenen Kampf angesagt und entsprechende Maßnahmen avisiert. Auch in der Europäischen Zentralbank (EZB) tobt nun eine intensive Debatte über eine schnellere Zinswende (siehe Bericht auf dieser Seite).

„Präventive Reaktion“

Die Zentralbank in Südkorea – eines der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) – begründete ihre erneute Zinserhöhung am Donnerstag mit dem hohen Preisauftrieb. Der neue Notenbankchef Rhee Chang-yong sprach von einer „präventiven Reaktion“ auf die negativen Auswirkungen der Inflation. Das Treffen war die erste Sitzung unter Vorsitz des neuen Zentralbankgouverneurs, der am 25. April sein Amt angetreten hatte. Die Inflationsprognose für das laufende Jahr wurde von 3,1% auf 4,5% angehoben. Die Zentralbank strebt 2% an.

Die neuseeländische Zentralbank untermauerte mit dem zweiten Zinsschritt um 50 Basispunkte binnen Wochen ihren konsequenten Kurs ge­gen die hohe Teuerung. Die Inflation im Land liegt bei 6,9%. Es ist das erste Mal seit Einführung des Leitzinses in seiner jetzigen Form im Jahr 1999, dass die Notenbank den Zins zweimal in Folge so deutlich anhebt. Seit Oktober haben die Währungshüter den Satz um 175Basispunkte erhöht. Die Währungshüter erwarten den Leitzins im laufenden Jahr nun bei mindestens 3,25%. 2023 dürfte er nahe 4% den Höhepunkt erreichen.

Nobelpreisträger Stiglitz sagte beim Weltwirtschaftsforum in Davos, dass das aktuelle Inflationsproblem schlimmer sei als in den 1970er Jahren, weil „es nicht nur um Öl geht, sondern um Lebensmittel, Öl und Lieferstörungen durch Covid-19“. Die Zentralbanken seien „völlig unvorbereitet“, sagte der Ex-Chefökonom der Weltbank zu Bloomberg.

In Russland senkte unterdessen die Zentralbank am Donnerstag in einer vorgezogenen Zinssitzung ihren Leitzins gleich um 300 Basispunkte auf 11%. Hintergrund sind die westlichen Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs und eine drohende Rezession im Land. Bereits im April hatte es eine Zinssenkung in dieser Größenordnung gegeben. Um einen Absturz der Landeswährung Rubel zu verhindern, hatte die Zentralbank den Zinssatz nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine zunächst von 9,5% auf 20,0% angehoben.

Die türkische Notenbank beließ am Donnerstag trotz einer extrem hohen Inflation ihren Leitzins wie erwartet bei 14%. Die Inflation lag im April bei fast 70%.

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