Alter Wein in neuen Schläuchen
Eltif
Boom mit angezogener Handbremse
Von Wolf Brandes
Die Reform vor einem Jahr hat den Markt für die EU-Sachwertefonds Eltifs belebt. Doch ohne bessere Vertriebskanäle bleibt der Durchbruch fraglich.
Als die Europäische Union 2015 den European Long-Term Investment Fund (Eltif) ins Leben rief, war die Idee durchaus ambitioniert: Private Anleger sollten Zugang zu langfristigen, illiquiden Anlageklassen wie Infrastruktur, Private Equity oder Private Debt erhalten, während gleichzeitig dringend benötigtes Kapital für nachhaltige Transformationsprojekte mobilisiert würde. Doch die Realität fiel ernüchternd aus – das Produkt war schlichtweg nicht markttauglich. Die Reform zu Eltif 2.0, die seit gut einem Jahr in Kraft ist, sollte all das ändern. Fraglich aber ist noch, ob der Eltif wirklich in Schwung kommt.
Ein quantitativer Erfolg – mit einem Haken
Die jüngsten Zahlen der Ratingagentur Scope sprechen zunächst eine eindeutige Sprache. Während 2023 gerade einmal 20 neue Eltifs aufgelegt wurden, sind es 2024 bereits 58. Das Fondsvolumen ist ebenfalls spürbar gewachsen, nicht zuletzt, weil bestehende Fonds anderer Formate in die Eltif-Struktur überführt wurden. Erfreulich ist auch, dass sich das Produktangebot diversifiziert hat: Neben den traditionellen Infrastruktur- und Private-Equity-Fonds gibt es eine wachsende Zahl an Private-Debt- und Multi-Asset-Eltifs, berichtet Scope. Doch diese quantitative Expansion ist nicht gleichbedeutend mit einem Durchbruch.
Bürokratische Unklarheiten bremsen den Markt
Im Zuge der Reform wurde der Eltif-Markt weiterhin von regulatorischer Unsicherheit belastet. Die Streitigkeiten zwischen der EU-Kommission und der Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA über die Regulatory Technical Standards (RTS) haben gezeigt, wie schwierig die Umsetzung war.
Ein besonders heikler Punkt war die Frage der Mindestliquidität. Während einige Marktteilnehmer sich eine verpflichtende Liquiditätsreserve nach dem Vorbild der deutschen offenen Immobilienfonds gewünscht hatten, bevorzugt die EU-Kommission einen flexibleren Ansatz. Das Ergebnis der jüngsten Reform hinterlässt an manchen Stellen Unsicherheiten, die Investoren noch immer abschrecken können. Wer baut schon komplexe IT-Infrastrukturen für ein Produkt, solange die Rahmenbedingungen nicht klar sind?
Ein Produkt für Privatanleger – wirklich?
Die Eltif-Novelle wurde auch mit der guten Absicht verabschiedet, das Produkt für Privatanleger attraktiver zu machen. Die Mindestanlagesumme von 10.000 Euro wurde abgeschafft, ebenso wie die strengen Allokationsgrenzen für das Portfolio. Am Ende scheint die Reform damit gelungen. Doch das bedeutet nicht automatisch eine „Demokratisierung“ und ein Wachstum der Volumina auf nennenswerte Größen.
Zudem bleiben Eltifs trotz aller Anpassungen weiterhin komplexe Produkte, die für viele Privatanleger schwer verständlich sind. Wer sich für einen Eltif entscheidet, muss sich mit Themen wie Laufzeiten, Gebührenstrukturen und begrenzten Rückgabemöglichkeiten auseinandersetzen. Auch wenn manche Eltifs inzwischen semi-liquide aufgelegt werden, bleibt die lange Kapitalbindung sicher ein Hindernis für Kleinanleger.
Zum anderen ist fraglich, ob der Vertrieb schon auf breitere Anlegergruppen ausgerichtet ist. Berater müssen ihre Kunden beim Eltif intensiv aufklären – und genau hier liegt eine Herausforderung. Während in Ländern wie Frankreich oder Italien Eltifs im Produktangebot vieler Banken integriert sind, hinkt Deutschland hinterher. Die Vertriebskanäle müssen sich erst entwickeln.
Eine Zukunft mit Fragezeichen
Die Reform des Eltif war zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung, aber kein Allheilmittel. Das Wachstum des Segments ist erkennbar, doch die großen Versprechungen – eine echte Demokratisierung des Privatmarktzugangs, ein spürbarer Kapitalfluss in nachhaltige Infrastrukturprojekte, ein Durchbruch für alternative Assetklassen – sind bisher nicht eingelöst worden. Ohne weitere Maßnahmen droht der Eltif ein Nischenprodukt für spezialisierte Investoren zu bleiben.
Wie schwierig es ist, illiquide Assets in einem Fondsprodukt für Privatanleger zu verpacken, zeigen die offenen Immobilienfonds, die durch schwere Krisen gingen und trotz einer harten Reform 2013 immer wieder Probleme machen – sodass mancher Kritiker die Systemfrage stellt.