Nachhaltigkeit

Auch Idealisten müssen auf Fondskosten achten

Aktive Fonds haben in der nachhaltigen Geldanlage mehr Möglichkeiten als ETFs. Trotzdem sind sie nicht immer die bessere Wahl.

Auch Idealisten müssen auf Fondskosten achten

­Endlich, so suggerieren manche, schlägt die Stunde des aktiven Fondsmanagements! Nach jahrelanger Kritik an Kosten und Performance und der Empfehlung von ETFs als Alternative kommt die nachhaltige Kapitalanlage für Anbieter aktiv verwalteter Fonds scheinbar wie gerufen. Zwar schaffen es auch börsengehandelte Indexfonds, umstrittene Firmen auszuschließen oder bestimmte Branchen stärker zu gewichten. Den Billigheimern fehlen aber die Ressourcen, um Unternehmen über die Hauptversammlung hinaus aktiv bei einem Wandel zu begleiten. Da sie lediglich einen Index nachzeichnen, können sie in der Regel auch nicht damit drohen, sich als Investor zurückzuziehen. Branchenvertreter greifen Argumente dieser Art gerne auf – doch sie machen es sich zu einfach. Auch in der nachhaltigen Kapitalanlage fällt der Streit nicht eindeutig zugunsten aktiver Fonds aus, obwohl sie deutlich mehr ESG-Ansätze umsetzen können.

Das Kernargument gegen klassische, aktiv verwaltete Investmentfonds konzentriert sich auf die Gebühren: Aktives Management einerseits und die weithin üblichen Vertriebsprovisionen andererseits kosten Geld und belasten damit die Rendite. Auf lange Sicht bieten ETFs daher häufig – aber nicht immer – höhere Kurszuwächse als herkömmliche Fonds. Befürworter der aktiv verwalteten Produkte müssen zwar nicht auf Nachhaltigkeitskriterien verweisen, um die Fonds zu verteidigen. Sie können etwa einen Mehrwert des aktiven Managements für den Umgang mit Risiken und Renditechancen hervorheben oder aber – sofern Vertriebsprovisionen im Spiel sind – einen Nutzen einer Finanzberatung anführen. Aber ein überdurchschnittliches Anlageergebnis können bekanntlich immer nur einige, längst nicht alle Fonds bieten, und ein per Rück­vergütung finanziertes Beratungsgespräch ist mit einem Interessenkonflikt beladen. Da erscheint es für die Branche naheliegend, mit dem Ideal der Nachhaltigkeit zu werben. Doch auch hier müssen etwaige Mehrkosten verhältnismäßig sein.

Dafür gibt es einen einfachen Grund: Jede Person, die Geld übrig hat, kann damit eine hohe Wirkung erzielen, indem sie es spendet. Sie braucht nicht unbedingt ein Fondsmanagement, das ähnlich wie eine NGO an Unternehmen herantritt und einen Wandel einfordert. Sofern nachhaltige Fonds unverhältnismäßig teuer sind, stehen sie dem Ziel einer Geldspende im Weg – das gilt gerade auf lange Sicht, weil Kosten von Finanzprodukten den Vermögensaufbau und damit den späteren Spielraum für Geldspenden schmälern. Für Fonds, die eine konkrete Wirkung versprechen, entsteht damit ein strenger Maßstab. Sie müssen nicht nur zeigen, dass sie etwas bewegen, sondern weiterhin auch ihre Gebühren begründen. Und die Kosten sind bei aktiven Fonds in der Regel eben höher als bei ETFs. Die Rechnung wird damit komplexer: Aktive Fonds haben für eine wirkungsorientierte Geldanlage mehr Möglichkeiten, doch zugleich kosten sie auch mehr.

Der Vergleich zur Wirkung einer Geldspende ist wichtig: Oft wird übersehen, wie viel Gutes sich bewegen lässt, wenn Geld in effektive Hilfe fließt. Anti-Malaria-Bettnetze, Entwurmungstabletten, Vitamin- und Jod-Supplemente etwa sind wirksame Maßnahmen gegen die schlimmsten Folgen der Armut. Nahrungshilfen gewinnen in Zeiten steigender Lebensmittelpreise an Bedeutung. Menschenrechtsorganisationen decken die schlimmsten Untaten auf der Welt auf – und beugen auf diese Weise vor. Elementare Probleme bestehen in der industriellen Tierhaltung, in der Vernichtung von Ökosystemen, im Klimawandel. Diese und andere Probleme lassen sich durch Spenden an spezialisierte Organisationen adressieren. Die Stärke der Finanzbranche liegt hingegen in der Kapitalanlage. Wie sehr sie darüber hinaus die Welt positiv verändern kann, ist nicht immer klar.

Vermutlich erscheint es vielen Menschen absurd, Fondskosten und Spenden als Gegensätze zu sehen. Schließlich geben die meisten Menschen allenfalls einen kleinen Teil ihrer Ersparnisse und Einkünfte ab. Trotzdem ist der Maßstab angemessen, wann immer eine konkrete Wirkung in Aussicht gestellt wird. Wer dieses Ideal ernst nimmt, denkt immer auch über den Spielraum für Geldspenden nach. Andernfalls wäre das vorgebliche Ziel nur schönes Gerede. Daher müssen auch Idealisten sensibel für Kosten sein.

All das spricht nicht per se gegen eine nachhaltige Geldanlage. Nur ist es eben auch eine Frage der Kosten, wie streng diverse Nachhaltigkeitsstrategien tatsächlich ausfallen sollten. Es kann auch für Idealisten besser sein, ein billigeres ESG-Produkt auszuwählen, auch wenn es weniger leistet. Aktiv verwaltete Fonds haben ihre Berechtigung. Sie müssen sich aber stets der Kostenfrage stellen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.