LeitartikelInvertierte Zinskurve

Bondmarkt sendet Rezessionssignal

Die Prognosekraft der inversen Zinskurve wird immer wieder angezweifelt. Aber auch jetzt hat der Bondmarkt wieder recht.

Bondmarkt sendet Rezessionssignal

Anleihen

Bondmarkt sendet Rezessionssignal

Von Kai Johannsen

Die Prognosekraft der inversen Zinskurve wird immer wieder angezweifelt. Aber auch jetzt hat der Bondmarkt recht.

Dieses Mal ist alles anders – so ist es auch dieses Mal wieder zu hören mit Blick auf die inversen Zinsstrukturkurven, wie sie in den USA und auch bei den Bundesanleihen zu beobachten sind. Damit senden die Renditestrukturkurven Rezessionssignale, die aber immer wieder angezweifelt werden, weil die aktuelle Situation – so die Meinung vieler Finanzmarktanalysten und Volkswirte – eben nicht mit denen aus vergangenen Dekaden zu vergleichen sei. Die Wirtschaft befinde sich in einer anderen Verfassung, es lägen Sondersituationen vor oder man könne auf drohende Rezessionen bzw. Wirtschaftskrisen heute ganz anders reagieren als beispielsweise vor 50 oder 60 Jahren, weil man viel mehr Erfahrung hat oder andere Instrumente der Bekämpfung einer (drohenden) Wirtschaftsflaute vorhanden sind. Das sind die häufigsten Argumente, die hervorgebracht werden und mit denen dann die Prognosegüte einer inversen Zinsstrukturkurve in Sachen Rezessionssignal heruntergespielt wird.

Eine inverse Zinsstrukturkurve liegt dann vor, wenn die langfristigen Marktzinsen in Form von Bondrenditen von etwa Staatsanleihen – also im aktuellen Fall der US-Treasuries und der Bundesanleihen – unter den kurzfristigen Zinsen liegen. Die Märkte stellen sich damit darauf ein, dass die Wirtschaftsaktivität in Zukunft abnehmen wird und die Zentralbanken auf diese schwächer werdende Konjunktur bis hin zu einer Rezession reagieren müssen, und zwar mit Leitzinssenkungen. Auf längere Sicht werden die Zinsen also tiefer liegen als heute. Der Anleihemarkt nimmt diese Entwicklung vorweg – langfristige Zinsen sind dann am Markt niedriger als die Kurzfristsätze. Hinzu kommt, dass Anleger mit Blick auf unsichere Zeiten in langlaufende sichere Assets wie eben die längerfristigen Staatsanleihen gehen. Das bewegt diese Kurse nach oben und befördert umgekehrt die Renditen dieser Papiere nach unten.

Verlässliches Signal

In der Vergangenheit war die Renditestrukturkurve insbesondere in den USA, aber auch in Deutschland ein sehr verlässlicher Signalgeber für aufziehende Rezessionen, auf die Zentralbanken dann mit Leitzinssenkungen reagierten, um der Wirtschaft unter die Arme zu greifen. So ging jeder US-Rezession in den vergangenen rund 60 Jahren praktisch immer eine inverse Zinskurve voraus. Die Rezession folgte der Inversion mit einem Abstand von vier bis acht Quartalen.

Und aktuell? Im Kampf gegen die Inflation haben die Zentralbanken rund um den Globus in den vergangenen rund zwei Jahren die Leitzinsen kräftig angehoben. Damit haben sie Inflation unter Kontrolle gebracht. Die Inflation und damit einhergehenden Anleiherenditeanstiege, die ja nicht nur bei Staatspapieren, sondern querbeet bei Unternehmensanleihen, Bankbonds, Anleihen der supranationalen, halbstaatlichen Emittenten und Zinspapieren der Gebietskörperschaften zu beobachten waren, erhöhen selbstredend die Finanzierungskosten der betreffenden Emittenten. Man hat mit deutlich höheren Zinsbelastungen klarzukommen. Was das heißt, kann man am besten bei den Häuslebauern und damit im Privatbereich ablesen. Viele können ihre Kreditkosten nicht mehr schultern, viele Immobilienprojekte wurden in der Vergangenheit eingestellt. Dass sich die Konjunktur immer weiter eintrübt und sich auch die Stimmung immer mehr verschlechtert, ließ sich gerade in den vergangenen Tagen an ebenfalls recht verlässlichen Indikatoren ablesen, wie etwa dem Ifo-Index, der nun schon den dritten Monat in Folge fiel.

Stütze für die Konjunktur

Und was erwarten die Märkte nun in der aktuellen Situation von der US-Notenbank? Dass sie die Leitzinsen im September senkt, um der Konjunktur eine Stütze zu bieten. 25 oder gar 50 Basispunkte werden es im Urteil der Märkte sein. Fed-Chef Powell hat die Märkte schon darauf vorbereitet, denn seiner Meinung ist die Richtung der Reise nun klar. Es geht mit den Zinsen jetzt wieder abwärts. Das würde man ja nicht machen, wenn Hochkonjunktur erwartet wird. Und der Bondmarkt hat es wieder zuvor angezeigt, die inverse Kurve war schon mehrere Monate zuvor eingetreten. Ihre Aussagekraft aber wird immer wieder in Zweifel gezogen. Doch der Markt lag bzw. liegt auch hier richtig.

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