BP ist tief gesunken
Energiewende
BP ist tief gesunken
von Andreas Hippin
Deepwater Horizon hat BP ins Trudeln gebracht. Nun besteht Hoffnung auf einen Neuanfang.
BP ist in den vergangenen Jahren so stark vom Kurs abgekommen, dass das einstige Kronjuwel der britischen Industrie zum Ziel opportunistischer Hedgefonds geworden ist. Es ist schon eine Weile her, dass John Browne den ehemaligen Staatskonzern zum drittgrößten Ölkonzern der Welt machte.
Angesichts des traurigen Zustands des FTSE-100-Schwergewichts lohnt es sich, einmal darüber nachzudenken, was man hätte anders machen können. Doch zurück zu Browne: Es waren ja nicht nur gewagte Übernahmen wie der Erwerb der US-Wettbewerber Amoco und Atlantic Richfield, die zum Aufstieg von BP führten.
Ende der Risikobereitschaft
Browne setzte auf die Suche nach „Elefanten“, also enormen Vorkommen, die Gewinnsprünge ermöglichen sollten. BP machte sich auf zu schwer zugänglichen Orten wie Alaska und Sibirien. Am Ende von Brownes Amtszeit war das Unternehmen zu Exxon und Shell aufgerückt. Doch dann ereignete sich im April 2010 die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko. Deepwater Horizon setzte der bisherigen Risikobereitschaft ein jähes Ende.
Nach der Explosion der Plattform hatte es BP fast drei Monate lang nicht vermocht, das Leck in rund 1.500 Meter Tiefe zu stopfen. Rund fünf Millionen Barrel Öl liefen damals ins Meer. Der Unfall war nicht nur ein schwerer Schlag für das Selbstbewusstsein. Er kostete BP einen zweistelligen Milliardenbetrag und machte das Unternehmen zur Hauptzielscheibe für die zunehmend wütenderen Proteste von Klimaschützern.
Zweifel am Geschäftszweck
Nur vor diesem Hintergrund ist zu erklären, warum BP in den vergangenen Jahren nicht bereit war, seinen Geschäftszweck offensiv zu verteidigen. Öl und Gas werden noch über Jahrzehnte dringend gebraucht. Nicht nur, um unseren Lebensstandard in der westlichen Welt aufrechtzuerhalten. Sondern auch, um Milliarden von Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern ein besseres Leben zu ermöglichen.
Vom CEO eines Öl- und Gaskonzerns sollte man eigentlich erwarten können, dass er den Business Case vertritt. Doch Bernard Looney setzte auf Erneuerbare Energien und gefiel sich als Transformierer. Seinem Nachfolger Murray Auchincloss ist es bis heute nicht gelungen, sich von allen unrentablen grünen Geschäften zu trennen.
Spielball der Aktivisten
BP zeichnet sich heute vor allem durch Richtungslosigkeit aus. Das Unternehmen ist tief gesunken. Die Kursentwicklung blieb weit hinter der des Rivalen Shell zurück. Das verleitete im vergangenen Jahr den Shareholder-Aktivisten Bluebell Capital Partners zum Einstieg. Und es brachte nach einem Milliardenverlust im Schlussquartal 2024 Elliott Investment Management an Bord.
Der Kurssprung der Aktie danach zeugt davon, wie groß der Wunsch nach Veränderung ist. Seitdem wird spekuliert, wie es weitergehen könnte. Werden die Investitionen in Erneuerbare Energien heruntergefahren und der Fokus wieder auf fossile Brennstoffe gelegt? Equinor und Shell machten es vor.
Langerwartete neue Strategie
Auf einem Kapitalmarkttag am 26. Februar will Auchincloss endlich die langerwartete neue Strategie vorstellen. Er versprach nichts weniger als einen Reset. Immerhin, die Vorgabe, die Öl- und Gasproduktion bis zum Ende des Jahrzehnts um zwei Fünftel herunterzuschrauben, wurde von Auchincloss gestrichen. Die Offshore-Windparks werden in ein Joint Venture mit der japanischen Jera ausgegliedert.
Vor drei Jahren hatte das Unternehmen noch angekündigt, bis 2030 bis zu 6 Mrd. Dollar jährlich in kohlenstoffarme Energiequellen stecken zu wollen. Die Hoffnung auf einen Neuanfang ist da. Die Frage ist aber, ob das mit der alten Führung möglich ist. Chairman Helge Lund, der die Misere seit sechs Jahren recht und schlecht verwaltet, dürfte sich bereits im Visier der Aktivisten befinden.
Feindliche Übernahme droht
Tut sich nichts, könnte BP schnell zum Ziel einer feindlichen Übernahme werden. Dann könnte als einziger Ausweg bleiben, sich Shell anzudienen.