Der gefährliche Leichtsinn der Glücksritter
Alternative Investments
Der Leichtsinn der Glücksritter
Von Alex Wehnert
Alternatives-Riesen um Blackstone umwerben Privatanleger mit neuen Produkten. Die Offensive kommt zum denkbar gefährlichsten Zeitpunkt für die Finanzstabilität.
Alternatives-Riesen um Blackstone suchen ihren Einfluss zum denkbar gefährlichsten Zeitpunkt auf die Portfolios von Privatanlegern auszuweiten. Während die Finanzstabilität in so großer Gefahr ist wie seit dem Crash von 2008 nicht, bewirbt die Private-Equity-Gesellschaft in Kooperation mit dem Assetmanagement-Riesen Vanguard und dem unabhängigen Vermögensverwalter Wellington neue Multi-Asset-Portfolios, in denen die Firmen öffentlich und privat gehandelte Anlagen kombinieren. Blackstone greift damit nach dem Heiligen Gral: die Aufnahme in Sparpläne wie das US-Pensionsvehikel 401k, die der Gesellschaft einen neuen Sprung ihrer verwalteten Mittel und damit auch der Gebühreneinnahmen bescheren würde.
Ungesunder Trend
Die Investmentgesellschaft reiht sich damit in einen ungesunden Trend ein, in dessen Zuge mehr Mittel aus dem Finanzmarkt-Mainstream in das illiquide und unzureichend regulierte Alternatives-Segment fließen. Die Blackstone-Rivalin KKR und Capital Group kündigten im vergangenen Jahr bereits an, gemeinsam eine Reihe an Fonds aufzulegen, die zu 60% in öffentlich handelbare Anleihen und zu 40% in Direct-Lending- und Asset-basierte Finanzierungen investieren und sich an Investoren mit Anlagesummen zwischen 100.000 und 1 Mill. Dollar richten sollen.
Der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock will den vermeintlich langfristigen Boom bei Private Equity und Private Credit ebenfalls nicht verpassen und hat seine Kapazitäten durch einige Deals im Segment ausgebaut – darunter die Anfang Dezember offiziell verkündete Übernahme des Private-Credit-Spezialisten HPS Investment Partners für 12 Mrd. Dollar, die im Oktober abgeschlossene Akquisition von Global Infrastructure Partners für 12,5 Mrd. Dollar und der erst im Februar finalisierte Kauf des Datenanbieters Preqin. Die neu erschlossenen Kapazitäten sollen nun auch Retail-Investoren offenstehen: Im vergangenen September kündigten Blackrock und Partners Group eine Zusammenarbeit an, in deren Rahmen die beiden Häuser Private-Markets-Modellportfolios auflegen, mit deren Hilfe Anlageberater „besser informierte“ Entscheidungen für ihre Kunden treffen können sollen.
IPO-Umfeld trübt sich ein
Doch während sich die Investmentgesellschaften als Gönner gerieren, sind sie in Wahrheit auf die Unterstützung von Privatanlegern angewiesen. Schließlich verspüren sie Druck durch ihre erfolgsverwöhnten institutionellen Investoren, da Alternatives nach Jahren des Booms eine harte Phase durchlaufen. Denn das Umfeld für Börsengänge hat sich infolge des Washingtoner Zollchaos eingetrübt: Heiß erwartete IPOs wie jenes des Zahlungsdienstleisters Klarna sind auf Eis gelegt, andere Debüts wie jenes des Cloud-Computing-Dienstleisters Coreweave zu Fehlschlägen mit großer Signalwirkung geworden.
Private-Equity-Gesellschaften können damit noch weniger Kapital an ihre bisherigen Großinvestoren zurückführen als in den vergangenen drei Jahren. Zudem lastet die Verunsicherung um die protektionistische US-Handelspolitik auf dem M&A-Markt. Die Aussicht auf Inflationssprünge infolge der Strafzölle bindet der Fed hinsichtlich neuer Zinssenkungen die Hände, was Fremdkapitalfinanzierungen nicht eben einfacher macht.
Undurchsichtiger Markt
Direct-Lending-Anbieter mögen sich rühmen, größere Transaktionen stemmen und den Bedarf von Schuldnern abdecken zu können, die sich sonst über Hochzinsanleihen mit frischen Mitteln versorgen würden. Doch ziehen sie so nur die schwächsten Bond-Emittenten in einen undurchsichtigen Markt. Indem die Alternatives-Riesen die Beteiligungsmöglichkeiten für Investoren ausbauen, erhöhen sie indes mitnichten die Transparenz. Problematisch ist vielmehr, dass das Wachstum der verwalteten Mittel Banken auf den Plan ruft, die im Streben nach höheren Renditen ihre Kreditvergabe an Intermediäre ohne Einlagengeschäft ankurbeln. Durch die verstärkte Vernetzung wird ein Crash im einst isolierten Alternatives-Segment zum Risiko für die Finanzstabilität.
Gerade Blackstone hat in Bezug auf neuartige Vehikel, die vermögenden Privatinvestoren offenstehen, nicht gerade eine Erfolgsgeschichte vorzuweisen. Im Dezember 2022 musste die Gesellschaft Auszahlungen aus ihrem Real Estate Income Trust (Breit) limitieren, nachdem das 2017 mit großem Pomp gestartete Vehikel trotz einer robusten Performance ausblutete – zu groß waren die Sorgen der Investoren angesichts struktureller Probleme am Gewerbeimmobilienmarkt. Auch Konkurrenten um KKR und Starwood Capital mussten Mittelabflüsse aus ihren Reits durch ähnliche Maßnahmen bremsen. In anderen Assetklassen drohen parallele Entwicklungen, da Privatanleger – wie wohlhabend sie auch sein mögen – bei ihren Investments weniger Durchhaltevermögen mitbringen als institutionelle Investoren, deren Geduld ebenfalls schon stark angespannt ist. Die Glücksritter der Investmentszene mögen sich mit ihren Retail-Angeboten zwar kurzfristig neue Liquidität beschaffen, riskieren dafür aber leichtsinnig größere Verwerfungen.