Im BlickfeldMusks Staatsumbau

Wankende US-Demokratie birgt Konjunkturrisiken

US-Präsident Donald Trump und der Unternehmer Elon Musk versuchen, weite Teile des staatlichen Verwaltungsapparats zu demontieren. Sie könnten damit eine Verfassungskrise heraufbeschwören.

Wankende US-Demokratie birgt Konjunkturrisiken

Wankende US-Demokratie birgt Konjunkturrisiken

Umgehung des Rechtsstaats könnte Verfassungskrise auslösen – Risiken insbesondere für den gewerblichen Immobilienmarkt.

Von Peter De Thier, Washington

Donald Trump ist seit einem Monat wieder im Amt und schon steht die US-Hauptstadt Washington Kopf. Trumps Komplize Elon Musk hat, beginnend mit der humanitären Organisation USAID, staatliche Behörden aufgelöst. Auch hat er mit Abfindungszahlungen die Stellen von über 75.000 Bundesbediensteten gestrichen. Das erklärte Ziel: 2 Bill. Dollar einzusparen und leitende Ämter mit politischen Loyalisten zu besetzen.

Nach USAID könnten das Bildungsministerium, das Energieministerium und die für Luftverkehrssicherheit zuständige Behörde FAA der Abrissbirne von Musks Department of Government Efficiency (DOGE) zum Opfer fallen. Überall sind Massenentlassungen geplant. Zwei Millionen Beamte, die eine wichtige Stütze der Wirtschaft in Washington sind, bangen folglich um ihre Zukunft.

Demokraten warnen vor Autokratie

Auch warnen Demokraten davor, dass die einst angesehene US-Demokratie in ein autokratisches System ausarten wird. Sie weisen auf die Entstehung von DOGE hin, das keine gesetzliche Grundlage hat. Am ersten Tag im Amt benannte Trump mit einem Dekret („Executive Order“) den United States Digital Service, eine dem Weißen Haus angegliederte Behörde, in das Department of Government Efficiency (DOGE) um. Trumps Dekret schreibt vor, dass DOGE „die von der Bundesregierung verwendete Technologie modernisieren und die Effizienz der Staatsverwaltung maximieren soll“. Das Mandat ist bis zum 4. Juli befristet, und bis dahin hat der DOGE-Direktor Elon Musk freie Hand, um Behörden zu schließen, Beamte zu entlassen und andere Sparmaßnahmen zu ergreifen.

Neben verfassungsrechtlichen Bedenken drängt sich zudem der Verdacht auf, dass die Neutralisierung des staatlichen Verwaltungsapparats ökonomische Konsequenzen haben könnte. Das beginnt mit dem gewerblichen Immobilienmarkt. Branchenexperten hatten zwar Trumps Wahlsieg bejubelt. Er werde Steuervergünstigungen und andere wirtschaftliche Anreize durchsetzen, um den Sektor zu begünstigen, in dem er ein Vermögen verdient hat.

Risiko für gewerbliche Immobilien

Nach einem Monat unter Trump 2 sind Analysten aber zu der Erkenntnis gelangt, dass Musk und DOGE dem Markt immensen Schaden zufügen könnten. Stijn Van Nieuwerburgh, Professor für Finanzen und Immobilienwirtschaft an der Columbia University, weist darauf hin, dass die Bundesregierung mehr als 50 Mill. Quadratmeter an Bürofläche in Anspruch nimmt. Das Bundesverwaltungsamt General Services Administration (GSA) besitzt oder mietet Büroräume in mehr als 2.200 Städten und Gemeinden. Obwohl die Räumlichkeiten jährlich 15,7 Mrd. Dollar kosten, sind nach einem Bericht des Bundesrechnungshofs General Accounting Office (GAO) die Büros von 17 der 24 Behörden zu weniger als 25% ausgelastet. Und das, obwohl der Staat auch für die leerstehenden Räume Miete zahlt.

Van Nieuwerburgh hält Pläne, derartigen Beispielen für die ineffiziente Verschwendung einen Riegel vorzuschieben, für verdienstvoll. Gleichwohl würden Musk und Trump unterschätzen, welche verheerenden Folgen es haben könnte, wenn der Staat Mietverträge kündigt oder die Immobilien auf den Markt wirft. Denn die GSA will nun mehr als 500 Bürogebäude veräußern.

Wie der Akademiker feststellt, hat der Commercial-Real-Estate-Sektor (CRE) infolge der Coronakrise erheblichen Schaden genommen, und einige ältere Immobilien werden bereits mit einem Preisabschlag von bis zu 90% gehandelt. „Jeder weitere Schock wird schmerzhaft sein, und ich bin nicht sicher, dass die Verantwortlichen das durchdacht haben“, erklärt Van Nieuwerburgh. Nicht auszuschließen ist im äußersten Fall auch anderen Experten zufolge, dass hypothekenbesicherte Wertpapiere an Wert verlieren und den Weg bereiten für den nächsten Crash.

Makroökonomische Folgen

Unterdessen beschränken sich die potenziellen gesamtwirtschaftlichen Folgen keineswegs auf einzelne Sektoren. So weist die Washingtoner Denkfabrik Brookings Institution darauf hin, dass sich DOGE-Mitarbeiter Zugang zu den Zahlungssystemen des Finanzministeriums verschafft haben. Diese dienen der Bearbeitung sämtlicher Steuererklärungen und auch der Auszahlung staatlicher Zuwendungen. Dazu zählen Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung Social Security und der Krankenversicherungsprogramme Medicare und Medicaid sowie Steuerrückerstattungen. 

Wie der Brookings-Politologe Darrell West sagt, „ist es beängstigend, daran zu denken, dass bei diesen Regierungsdaten nun schlecht konzipierte KI von Leuten eingesetzt wird, über deren Ausbildung und Identität wir praktisch nichts wissen“. So oder so könnten Verzögerungen oder Ausfälle bei Zahlungen Haushalte, den Privatkonsum und somit die Gesamtwirtschaft treffen. Immerhin stellen monatliche Social-Security-Schecks für 40% der US-Rentner die einzige Einkommensquelle dar. Auch erhalten fast 70% der Haushalte jedes Jahr Steuerrückerstattungen, die im Schnitt bei über 2.800 Dollar liegen. 

Potenzielle Rezession

Sollten diese Zahlungen nun ausfallen oder bedeutend verschoben werden, dann wäre ein empfindlicher Rückgang beim Privatkonsum zu erwarten. Gepaart mit weiterhin hohen Zinsen und den inflationären Folgen, die Trumps Einfuhrzölle entfalten könnten, könnte dieser „perfekte Sturm“ das Wirtschaftswachstum abwürgen und den Grundstein legen für die nächste Rezession.

Andrew Natsios war unter Präsident George W. Bush USAID-Direktor. Laut Natsios treten Trumps Dekrete und DOGE den Rechtsstaat mit Füßen. Behörden wie USAID und andere wurden durch Gesetze, die der Kongress verabschiedete, geschaffen, sagt er. „Sie können nicht durch ein Dekret, sondern nur ein neues Gesetz aufgehoben werden.“ Und er spricht eine Warnung aus: Wenn der Oberste Gerichtshof in letzter Instanz alle Dekrete und DOGE Maßnahmen absegnet, „dann ist die Verfassungskrise perfekt“.

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