Europas zementierte Bankenlandschaft
Crédit Agricole
Zementierte Bankenlandschaft
Von Gerhard Bläske
Wie zementiert Europas Bankenlandschaft ist, zeigt das Beispiel Unicredit. Sowohl das Übernahmeangebot der HVB-Mutter für die deutsche Commerzbank als auch die Offerte für die italienische BPM stoßen auf gewaltige Hindernisse. Und in beiden Fällen spielen Regierungen entscheidende Rollen.
Rom sieht mit Wohlwollen, dass der französische Crédit Agricole seine Beteiligung bei Italiens Nummer 3 BPM von 9,2 auf 15% aufgestockt und bei den zuständigen Behörden die Genehmigung für eine weitere Erhöhung auf bis zu 19,99% beantragt hat. Anders als Unicredit-CEO Andrea Orcel haben die Franzosen vorher die Regierung in Rom informiert und ihr dabei zusätzlich versichert, keine Übernahme der BPM anzustreben. Abgesehen von der diplomatischen Form des Vorgehens dürfte Rom die Initiative auch inhaltlich schätzen: Damit ließe sich auch die Bildung eines dritten Bankenpools in Italien um die BPM und die Monte dei Paschi di Siena fortsetzen. Denn die BPM hat sich im Rahmen einer Teilprivatisierung der Bank zusammen mit einigen italienischen Industriellen Anteile an der Traditionsbank gesichert. Damit könnte Rom das Thema abhaken. Auch BPM-Chef Giuseppe Castagna ist zufrieden. Mit Crédit Agricole hat er einen „Weißen Ritter“ gefunden, der das Wohlwollen der Regierung hat. Seine Chancen, die Unicredit-Offerte abzuwehren, sind gestiegen.
Insofern ist es eine Win-win-Situation für Italiens Regierung, die BPM und für Crédit Agricole. Die Franzosen haben Interesse, bestehende Vereinbarungen mit der BPM im Bereich Konsumentenkredite und bei Versicherungen zu schützen. Sie säßen außerdem in einer Schlüsselposition, sollte Unicredit dennoch zum Ziel kommen: BPM würde dann zum Aktionär der HVB-Mutter und wäre in einer stärkeren Position, wenn es darum geht, bestehende Kooperationen mit Unicredit zu verlängern.
Und Unicredit? Die HVB-Mutter behauptet, es habe sich nichts geändert. Das stimmt nicht. Orcel hat den Willen Roms unterschätzt, Einfluss auf die Gestaltung der Bankenlandschaft auszuüben – und zwar auf eine andere Weise, als sich das Unicredit vorstellt. Dazu muss die Regierung gar nicht unbedingt das Vetorecht über die Golden-Power-Regelung geltend machen.
Einmal mehr zeigt sich, dass jenseits aller Bekenntnisse zur Notwendigkeit, große europäische Bankengruppen zu bilden, nicht nur Berlin auf der Bremse steht. Rom, Paris oder andere Regierungen handeln nicht anders, wenn es darum geht, „nationale Interessen“ zu schützen.
Unicredit-CEO Orcel hat die Entschlossenheit Roms unterschätzt, Einfluss auf die Gestaltung der Bankenlandschaft zu nehmen.