Finanzbranche im Blockchain-Fieber
EZB-Tests
Banken im Blockchain-Fieber
Von Björn Godenrath
Es geht auch
harmonisch: EZB und Geschäftsbanken nehmen Kurs auf eine Integration von DLT-Infrastruktur
in den Markt für
Wertpapierabwicklung.
Die geplante Einführung eines digitalen Euro hat zu Spannungen zwischen der Kreditwirtschaft und der Europäischen Zentralbank (EZB) geführt. Die Notenbank dringt aus Sicht der Geschäftsbanken mit ihrer Wallet in ein Gefilde vor, das in ihrem Hoheitsgebiet liegt. Sehr viel harmonischer verläuft dagegen das Zusammenspiel bei einem Projekt, bei dem ebenfalls eine digitale Zentralbankwährung zum Einsatz kommen kann: die gemeinsamen Arbeiten zum Settlement von Wertpapieren über DLT-Infrastruktur. Dabei ist auf der Geldseite eine Wholesale-CBDC (Central Bank Digital Currency) eine Option, die sich allerdings auf den Interbanken-Zahlungsverkehr beschränkt.
Unkomplizierte Anbindung ist vorteilhaft
Unter dem Stichwort „ECB Trials“ läuft die Erprobungsphase seit Mai. Inzwischen kommt bei den involvierten Marktteilnehmern und Notenbankern sogar ein bisschen Euphorie auf. Mehr als 60 Banken, Assetmanager und Börsenbetreiber haben die drei zur Verfügung stehenden Abwicklungslösungen für Transaktionen genutzt, wobei die Trigger-Lösung der Deutschen Bundesbank wohl am intensivsten getestet wurde. Die Lösung der deutschen Zentralbank besticht dadurch, dass sie die Geldseite einer Transaktion recht unkompliziert über die Anbindung an die vorhandene Target-Infrastruktur bewerkstelligen kann. Der Asset-Transfer findet dabei synchron über eine Blockchain statt.
Zu früh für eine reine On-Chain-Lösung?
Auch die beiden anderen Optionen haben sich als tauglich erwiesen. Allerdings weisen sie auch Nachteile auf. So läuft die Lösung der Banca d’Italia in den Tests etwa über die erst im Aufbau befindliche Instant-Payment-Infrastruktur, was ihre Akzeptanz für den Moment mindert. Sehr vielversprechend sieht die von der Banque de France bereitgestellte On-Chain-Lösung aus, könnte diese doch in einer voll tokenisierten Prozesslandschaft maximale Effizienzen darstellen. Aber so weit ist der Markt noch nicht – und in einem solchen Ökosystem müssen alle Marktteilnehmer auf interoperablen Systemen unterwegs sein.
Transformation statt „Big Bang“
Welche Schattenseiten das hat, thematisierte die an den Tests beteiligte Deka kürzlich. Das Wertpapierhaus der Sparkassen konstatierte, dass die On-Chain-Lösung der Banque de France einen zusätzlichen Geldkreislauf bedeuten würde. Dies sei aus Sicht eines Treasurers zu vermeiden. Das Problem ließe sich natürlich lösen, aber es ist für viele der Institute doch wohl komfortabler, den Einstieg in die Welt der Blockchain-Finanzmarktinfrastruktur in beherrschbaren Modulen zu vollziehen. Das hält den Aufwand niedrig und ermöglicht es den Marktteilnehmern, sich nach und nach ein Zielbild zu erarbeiten für unterschiedliche Wertpapiergattungen. Statt eines „Big Bang“ wird die Transformation nur als etappenweiser Übergang funktionieren.
Dynamische Entwicklung des Marktes
Dabei sollten sich die Entscheidungsträger aber bewusst sein, dass sich der Tradingmarkt äußerst dynamisch entwickelt. Unter ihrem kryptofreundlichen Präsidenten Donald Trump steht eine Stablecoin-Offensive der USA zu erwarten. In einem voll regulierten Kanon der Zahlungsmittel wären Stablecoins das natürliche Settlement-Medium für tokenisierte Wertpapiere und zugleich ein zinstragendes Asset, das Mechanismen wie den Collateral-Kreislauf bestens bedienen könnte.
Vor dem Hintergrund entstehen DLT-Plattformen wie die von Swiat, die in der Abwicklung quasi agnostisch sind. Sie können vom Stablecoin über tokenisierte Depositen oder eine Wholesale-CBDC alles verarbeiten, was die Bedürfnisse der jeweiligen Kunden erfüllt. Für die enormen Volumina, die im Interbankengeschäft bewegt werden, dürfte dabei das digitale Zentralbankgeld in der Regel erste Wahl sein. Schließlich stehen dafür bereits befüllte Konten in den Echtzeit-Brutto-Settlement-Systemen der Notenbanken bereit.
Auch hat das zentrale Wertpapierregister keinesfalls ausgedient. Die zur Deutschen Börse gehörende Nachhandelsplattform D7 hat bereits per Mitte Oktober ein Emissionsvolumen von 10 Mrd. Euro erreicht. Als Betreiber einer DLT-Infrastruktur forderte Clearstream im Rahmen der Trials schon eine schnelle Überführung der bewährten Testinfrastruktur in eine Übergangslösung.
Das dürfte bei der Notenbank nicht auf taube Ohren stoßen, wird dort doch bereits der „Unified Ledger“ als europäische Lösung diskutiert. Dieser würde Zentralbankgeld, Giralgeld und andere Digital Assets auf einer Token-Plattform vereinen. In der Zusammenarbeit haben sowohl Notenbanken als auch Geschäftsbanken sichtbar ihre Freude gefunden an Innovationen und sehen mehr Chancen als Risiken einer DLT-Infrastruktur für den Finanzmarkt.
Es geht auch harmonisch: EZB und Geschäftsbanken nehmen Kurs auf eine Integration von DLT-Infrastruktur in den Markt für Wertpapierabwicklung.