Französische Assetmanager rollen Europa auf
Französische Assetmanager rollen Europa auf
Zusammenschlüsse französischer Vermögensverwalter stoßen weitere Konsolidierung an
wü Paris
Von Gesche Wüpper, Paris
Eine Ankündigung hier, Gespräche, Gerüchte und Spekulationen dort. Europas Assetmanagement-Branche ist in Bewegung. Die seit Jahren erwartete Konsolidierung hat Fahrt aufgenommen, angetrieben von Akteuren aus Frankreich. So ist BNP Paribas AM (BNPP AM) gerade dabei, die Übernahme von Axa Investment Managers (Axa IM) für 5,4 Mrd. Euro bis Mitte des Jahres abzuschließen. Natixis Investment Managers (IM) und Generali Investments wiederum haben im Januar einen Zusammenschluss unter Gleichen bekannt gegeben.
Reaktion zu erwarten
Dabei dürfte es nicht bleiben. Beobachter erwarten, dass Amundi und andere Akteure auf die beiden Fusionen reagieren, die die Gewichte innerhalb der Branche in Europa verschieben werden. Denn die dem unsicheren geopolitischen Umfeld, dem wieder stärker werdendem Inflationsdruck, hohen Zinsen, einem schwächeren Wachstum und unter Druck geratene Margen ausgesetzte Asset- und Wealth- Management-Industrie wächst weiter. Im Schnitt dürfte ihr verwaltetes Vermögen bis 2028 weltweit pro Jahr um 5,9% auf 171 Bill. Dollar steigen, von 129 Bill. Dollar im Jahr 2023, erwarten die Experten von PwC.
Nachholbedarf bei Private-Markets-Angeboten
Doch es steigt auch der Konsolidierungsdruck, vor allem in Europa. Denn europäische Akteure hinken beim verwalteten Vermögen amerikanischen Branchenriesen wie Blackrock, Vanguard und Fidelity Investments deutlich hinterher. Auch bei Private-Markets-Angeboten, dem neuen großen Thema der Investmentszene, haben sie im Vergleich zur US-Konkurrenz Nachholbedarf. Dazu kommen hohe Kosten für Digitalisierung, neue Technologien wie künstliche Intelligenz (KI) und für die Einhaltung der Rechtsvorschriften. Für größere Akteure ist das kein Problem, für kleinere und mittelgroße Assetmanager schon – zumal die US-Riesen immer mehr versuchen, auf dem europäischen Markt mitzumischen.

Die Übernahme von Axa IM und die gerade angekündigte Akquisition der Schweizer Thaler Bank durch Indosuez Wealth Management dürften deshalb nur der Anfang einer weiteren Konsolidierung im Asset- und Wealth-Management sein. Andere europäische Banken und Versicherer überlegen ebenfalls, wie es mit ihrer Vermögensverwaltung weitergeht. Eine Frage, die sich lange auch bei BNP Paribas gestellt hat, da die Assetmanagement-Aktivitäten Frankreichs größter Bank mit einem verwalteten Vermögen von zuletzt 653 Mrd. Euro bisher nur mittelgroß waren.
Schwierige Mitte
Wachsende, profitable Assetmanager mit unter 100 Mill. Dollar könnten gut gemanagt werden, genau wie solche mit mindestens 1 Bill. Dollar, weil es dann Skaleneffekte gebe, meint Amundi-Chefin Valérie Baudson. Dagegen sei es für Assetmanager, die sich dazwischen befänden, schwierig. Laut einer gerade vom Fachmagazin „Funds Europe“ veröffentlichten Studie zu den 200 größten in Europa tätigen Assetmanagern beläuft sich das verwaltete Vermögen der europäischen Akteure der Rangliste im Schnitt auf 249 Mrd. Euro. Dagegen sind es bei den auf dem alten Kontinent tätigen amerikanischen Wettbewerbern 886 Mrd. Euro. Dabei kommen französische Assetmanager vor allem dank Amundi auf die im Schnitt höchsten verwalteten Vermögen.
Amundi könnte nun mit einer größeren Übernahme auf die Zusammenschlüsse der kleineren französischen Wettbewerber reagieren, spekulieren Beobachter in Paris. Zwar hat die Crédit-Agricole-Tochter 2024 den Schweizer Privatmarktspezialisten Alpha Associates sowie das Wealth Tech Aixigo aus Aachen gekauft und jetzt gerade seine amerikanischen Aktivitäten mit denen seines neuen strategischen Partners Victory Capital fusioniert.
Amundi schaut sich um
Gespräche mit Allianz Global Investors (AGI) hat der größte reine europäische Assetmanager dagegen wegen Unstimmigkeiten über die Kontrolle des fusionierten Unternehmens Anfang Dezember nach mehr als einem Jahr auf Eis gelegt. Zuvor hatte Amundi auch mit Axa IM gesprochen. Die Crédit-Agricole-Tochter mit einem verwalteten Vermögen von zuletzt 2,24 Bill. Euro könnte jetzt jedoch aus der Deckung gelockt werden, da die Zusammenschlüsse von BNPP AM mit Axa IM und Natixis IM mit Generali Investments ihre bisherige Dominanz infrage stellt.
So entsteht durch die Übernahme von Axa IM ein neuer europäischer Assetmanagement-Riese mit einem verwalteten Vermögen von 1,5 Bill. Euro, durch den anvisierten Zusammenschluss der BPCE-Tochter Natixis IM mit Generali ein Schwergewicht mit einem verwalteten Vermögen von zusammen 1,9 Bill. Euro. Allerdings positionieren sich nun in Italien die Regierung und einige Generali-Aktionäre gegen das Zusammengehen mit einem französischen Wettbewerber. Dem Vernehmen nach soll die für Versicherungen zuständige Aufsichtsbehörde Ivass gerade zusätzliche Informationen zu dem geplanten Zusammenschluss eingefordert haben.
Strenge Kriterien
Derweil schaut sich Amundi nach weiteren Übernahmemöglichkeiten um. Amundi sei ein potenzieller Konsolidierer, sagte Valérie Baudson der „Financial Times“ kürzlich. „Wir schauen uns so viele Dossiers an. Aber man muss abwarten, bis eine günstige Konstellation eintritt.“ Immerhin müssen mögliche Fusionen und Akquisitionen den strengen Kriterien des Assetmanagers entsprechen. Die Kapitalrendite soll über 10% liegen. Gleichzeitig muss die Expertise der möglichen Akquisitionsziele und Fusionspartner die Amundis stärken oder ergänzen oder die geografische Präsenz verbessern.
Abkommen mit Unicredit läuft aus
Amundi stehe nicht unter Druck, einen neuen Zukauf auszuhandeln, meint Baudson. Der Assetmanager wachse auch so signifikant. Er muss jetzt zuerst mit Unicredit über das 2017 im Rahmen des Verkaufs der früheren Unicredit-Vermögensverwaltungstochter Pioneer geschlossene Abkommen für den Vertrieb von seinen Produkten in Italien, Deutschland und Österreich verhandeln. Es läuft zwar erst 2027 aus, doch Unicredit würde es gerne rekalibrieren.
Italiens zweitgrößte Bank soll sich inzwischen laut Medienberichten nach Alternativen zu Amundi umschauen, möglicherweise auch als Reaktion darauf, dass Amundi-Mutter Crédit Agricole ihr Übernahmeangebot für Banco BPM nicht stützt. Crédit Agricole ist der größte Aktionär von BPM. Die Analysten von J.P. Morgan schätzen, dass Unicredit für Amundi Produkte für rund 110 Mrd. Euro vertreibt.