Gewerbeimmobilienmarkt als unterschätzter Brandherd
US-Gewerbeimmobilien
Unterschätzter Brandherd
Von Alex Wehnert
Trotz stark gestiegener Ausfallraten
bei amerikanischen
Hypothekenkrediten ist die Gewerbeimmobilienkrise vom Radarschirm verschwunden.
Globale Investoren müssen den Ernst der Krise bei US-Gewerbeimmobilien begreifen. Denn obwohl der Anteil der rückständigen Kredite, die hypothekenbesicherten Wertpapieren im amerikanischen Bürosegment zugrunde liegen, im November mit 10,4% nur noch um Haaresbreite unter den Rekordwerten der Finanzkrise 2008 lag, sind die Verwerfungen fast vom Radarschirm verschwunden. Im breiten Markt konzentriert sich die Aufmerksamkeit auf die Zinssenkungen der Fed und geplante Steuersenkungen Donald Trumps als Treiber der Unternehmensgewinne. Dabei müssten sich die Blicke viel stärker auf gefährliche Ansteckungseffekte zwischen verschiedenen Assetklassen richten.
Stärkster Anstieg aller Zeiten
Sorgen sollte Anlegern mit Blick auf den Brandherd Büro-Hypotheken vor allem die relative Entwicklung machen: Über die vergangenen zwei Jahre ist die Rate der Zahlungsverzüge um 8,8 Prozentpunkte in die Höhe geschossen. Das ist der schnellste Anstieg aller Zeiten. Darlehen, bei denen der Schuldner den Zinsdienst noch leistet, aber die Hypothek an sich nicht abbezahlen kann, sind in den Daten gar nicht enthalten.
Die Schwierigkeiten, Zahlungen einzutreiben, bringt die Gebäudeeigner in Bedrängnis – und damit auch die Banken, die ihnen in rosigeren Marktphasen im großen Stil Kredite ausgereicht haben. Die Analysten von S&P Global warnen schon seit Monaten davor, dass die Assetqualität in den Bilanzen der US-Geldhäuser einem Abwärtstrend folgt, stoßen damit aber weitgehend auf taube Ohren.
Haltlose Hoffnung auf die Fed
Stattdessen klammern sich Vertreter des Gewerbeimmobiliensektors am Mantra „Survive till 2025“ fest. Sprich: Überlebe bis ins kommende Jahr, dann werden die Zinssenkungen der Fed dich schon retten. Doch dürften Trumps geplante Strafzölle die inländische Inflation wieder antreiben und den Spielraum der Notenbank hinsichtlich weiterer geldpolitischer Lockerungen stärker begrenzen als vielfach angenommen.
Ohnehin fußt die Krise am Gewerbeimmobilienmarkt auf strukturellen Problemen, die mit Zinssenkungen nicht verschwinden werden. So sorgt der Bauboom des vorangegangenen Jahrzehnts in Metropolen für ein Überangebot, während der Homeoffice-Trend einen hohen Leerstand in Bürogebäuden nach sich zieht. Dieses Ungleichgewicht droht nun neue Schockwellen durch den US-Finanzsektor zu senden. Wie schnell das auch an den globalen Märkten gewaltige Unruhe auslösen kann, hat die Regionalbankenkrise 2023 gezeigt.