Ungelöste Gretchenfrage in der Finanzpolitik
Bundesverfassungsgericht
Ungelöste Gretchenfrage
Von Andreas Heitker
Nun sag, wie hast du’s mit der Transformationsfinanzierung, muss sich die Ampel erneut fragen.
Das Urteil des Bundesverfassungsgericht zum Klima- und Transformationsfonds (KTF) wird mehr Klarheit und Wahrheit in die deutsche Finanzpolitik bringen und helfen, die verfassungsmäßigen Haushaltsgrundsätze sowohl im Bund als auch in den Ländern besser umzusetzen. Erstmals konkretisieren die Richter nämlich die möglichen Ausnahmen in der Schuldenbremse und ziehen klare Grenzen. Dies hilft, da die aktuelle Bundesregierung ja gleich mit mehreren Schattenhaushalten jongliert: Neben dem KTF gibt es auch noch das Sondervermögen für die Bundeswehr und den Wirtschaftsstabilisierungsfonds.
Mehr Transparenz und eine klarere Schuldenbremse bedeuten aber nicht, dass damit die Gretchenfrage irgendwie gelöst wäre, um die es hier doch im Grunde geht: Wie soll die grüne Transformation der Wirtschaft denn eigentlich finanziert werden? Woher soll das Geld für die Investitionen kommen? Aus dem KTF sollten in den nächsten Jahren ja viele Milliarden für die Förderung von Energieeffizienz, den Ausbau von Solar und Windkraft, den Anschub der E-Mobilität, den Wasserstoff-Hochlauf oder die Wärmewende fließen. Der schuldenfinanzierte Fonds war die Antwort der Ampel auf diese Frage gewesen und der Kompromiss, mit dem widerstrebende Interessen dreier Parteien unter einen Koalitions-Hut gebracht werden konnten. Dieser Kompromiss ist nun obsolet. Und dies wird die Statik innerhalb der Bundesregierung noch einmal deutlich verändern. Leidtragender ist insbesondere der Wirtschaftsminister: Mehr als 80% der Projekte, die über den KTF finanziert werden, fallen in den Aufgabenbereich von Robert Habeck.
Die Ampel ist selbst schuld an dem jetzigen Schlamassel, da der Umwidmung nicht genutzter Corona-Kreditermächtigungen von vornherein der Hauch von finanzpolitischen Tricksereien in der Grauzone der Schuldenbremse anhing. Es herrscht nun große Ratlosigkeit, und niemand hat einen Plan B in der Schublade. Einige empfehlen das Priorisieren als Ausweg. Doch dies fällt der Koalition schwer, wie die Aufstellung des Haushalts 2024 eindrücklich gezeigt hat. Wenn eine Priorisierung dazu führt, dass wichtige Investitionen in die grüne Transformation ganz gestrichen werden, ist damit ohnehin wenig geholfen. Andere empfehlen eine Reform der Schuldenbremse durch die Anhebung der strukturellen Verschuldungsmöglichkeiten oder die Einführung einer goldenen Regel mit Ausnahmen für bestimmte Investitionen. Die nötigen Mehrheiten für entsprechende Verfassungsänderungen sind aktuell aber nur schwer vorstellbar. Das Urteil aus Karlsruhe stellt die rot-gelb-grüne Koalition auf eine äußerst harte Probe.