EU-Regulierung

Grüne Verbriefungen im Schlepptau der Green Bonds

Verglichen mit dem Markt für Green Bonds führen grüne Verbriefungen ein Schattendasein. Das liegt auch an der Komplexität und der Frage, was bei einer Verbriefung grün sein soll.

Grüne Verbriefungen im Schlepptau der Green Bonds

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Verglichen mit dem großen Markt für Green Bonds führen grüne Verbriefungen bislang ein Schattendasein. Der Anteil nachhaltiger Anleihen am Corporate-Markt ist 2021 auf mehr als 25% geklettert. Der Anteil der grünen Verbriefungen in Europa, Papiere, die explizit als grüne ABS oder ESG CLO vermarktet wurden, lag nach Angaben der DZ Bank in diesem Jahr nur bei gut 4%. Zwar ist das eine Verdreifachung im Vergleich zu 2020, doch in absoluten Zahlen ist eine Summe von 13,5 Mrd. Euro mehr als bescheiden.

Vor diesem Hintergrund setzen die Marktteilnehmer von Verbriefungen große Hoffnungen auf den kommenden Green-Bond-Standard (GBS), der derzeit in Brüssel verhandelt wird. Dabei geht es für die Branche um entscheidende Fragen. Bei einem Green Bond kommt es auf die Verwendung der Erlöse an, also zum Beispiel die Finanzierung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energie. Ob eine Anlage als grün eingestuft werden kann, richtet sich derzeit nach den Green Bond Principles des Branchenverbandes International Capital Markets Association (ICMA). Dieser freiwillige Katalog hat sich am Markt durchgesetzt. Der in der EU derzeit erarbeitete Green-Bond-Standard wäre dann eine Alternative, die beispielsweise Fragen der EU-Taxonomie aufgreifen wird.

Verglichen mit grünen Anleihen sind grüne Verbriefungen etwas kompliziert. Bei den Verbriefungen kommt es darauf an, dass die Branchenstandards auf die spezifischen Bedingungen dieser Papiere eingehen. Denn es geht nicht nur um die Verwendung der Erlöse eine Emission, sondern auch um die Qualität der Kredite, die verbrieft werden. Für die Branche ist es von entscheidender Bedeutung, dass der Green-Bond-Standard auf der Verwendung der Erlöse basiert – und nicht auf der Anwendung von ESG-Standards bei den zugrunde liegenden Sicherheiten, sagt Jan-Peter Hülbert, Geschäftsführer der Verbriefungsplattform True Sale International. Er hofft, dass der endgültige Entwurf des EU-Standards für grüne Anleihen noch in diesem Jahr verabschiedet wird und 2023 zur Anwendung kommt. Und dass dann grüne Verbriefungen genauso behandelt werden wie Green Bonds.

Grüne Auto-ABS

Zu den wenigen ESG-Verbriefungen am Markt zählen grüne Residential Mortgage-Backed Securities von Obvion in den Niederlanden oder grüne Auto-ABS, die durch Elektrofahrzeuge besichert sind. Im Bereich der sozialen Verbriefungen führte Kensington Mortgages ihre erste Social-RMBS-Transaktion durch (Gemgarto), die durch Kredite an einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen besichert ist. Die Kreditplattform Auxmoney platzierte im September 2021 ein forderungsbesichertes Wertpapier mit einem Volumen von 250 Mill. Euro, das als Social Bond zertifiziert wurde. Diese Transaktionen basieren auf einem grünen oder sozialen Kreditportfolio.

Doch das begehrte Label „Green“ soll es nach den Vorstellungen der Marktteilnehmer auch geben, wenn zum Beispiel ein Autokonzern mit dem Geld aus einer Verbriefung von Autokrediten etwa eine Ladestelleninfrastruktur finanziert. Durch die Zweckbindung der Erlöse beispielsweise im Rahmen einer taxonomiekonformen Verwendung werde eine Wirkung im Sinne der Nachhaltigkeit erreicht – unabhängig davon, welche Qualität der Kreditpool hat. Klar ist den Beteiligten aber auch, dass man keine grüne Verbriefung machen kann, die durch ausschließlich „dreckige“ Kredite abgesichert wird.

Im Rahmen des europäischen Gesetzgebungsprozesses für den Green-Bond-Standard hatte die Europäische Bankaufsicht (EBA) im März einen Bericht auch zum Rahmenwerk für nachhaltige Verbriefungen vorgelegt. Die Behörde hält den Use-of-Proceeds-Ansatz, also die Verwendung des Erlöses für nachhaltige Zwecke, für sinnvoll in diesem Markt. Die Analyse der EBA zeigt auch, dass es verfrüht wäre, einen speziellen Rahmen für grüne Verbriefungen zu schaffen. Vielmehr ist die EBA der Ansicht, dass die kommende EU-GBS-Verordnung auch für Verbriefungen gelten sollte, sofern einige Anpassungen an dem Standard vorgenommen würden.

Die EBA rät, auf der Ebene des Originators der Verbriefung und nicht auf der Ebene der Verbriefungszweckgesellschaft anzusetzen. Dadurch könnte eine Verbriefung, die nicht durch ein Portfolio grüner Vermögenswerte unterlegt ist, die EU-Anforderungen erfüllen. Die EBA sieht die vorgeschlagenen Anpassungen aber als Zwischenschritt, damit sich der Markt für nachhaltige Verbriefungen entwickeln und eine Rolle bei der Finanzierung des Übergangs zu einer grüneren EU-Wirtschaft spielen kann.

Im Mai hat der Econ-Ausschuss des Europäischen Parlaments seinen Bericht über den Vorschlag der EU-Kommission zum EU-Standard für grüne Anleihen veröffentlicht. Auch wenn es einige anderslautende Stimmen gibt, so plädiert auch der Ausschuss für eine Angleichung der Standards von Green Bonds und Verbriefungen. Wird eine grüne Schuldverschreibung für Verbriefungszwecke verwendet, so sollen die Anforderungen für den Rechtsträger gelten, von dem die Emission wirtschaftlich stammt, heißt es.

Doppelzählung möglich

Mittlerweile hat auch der Branchenverband ICMA den Anhang seiner Green Bond Principals aktualisiert, um grüne Verbriefungen ge­nauer zu fassen und eine klare Trennung zwischen dem Instrument und den zugrunde liegenden Sicherheiten zu ziehen. Der ICMA geht es dabei auch um das Risiko der Doppelzählung, wenn finanzierte ESG-Projekte theoretisch selbst als Sicherheit verwendet werden. Das zeigt: Die doppelte Struktur macht das komplexe Geschäft auch bei grünen Verbriefungen nicht einfach. Mehr Klarheit und Transparenz bei den Regeln und ein weniger enges Korsett dürften auf Dauer den Markt für grüne Verbriefungen beleben. Ob sie ein Brot-und-Butter-Geschäft wie grüne Anleihen werden, sei dahingestellt.

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