Im BlickfeldFinanzplatz Frankfurt

Kräfte bündeln im Bankenviertel

In Frankfurt reiht sich Umzug an Umzug. Etliche Finanzinstitute und -kontrolleure haben zuletzt neue Quartiere bezogen oder gedenken dies zu tun. Angesagt ist das Bankenviertel, wo sie ihre Kräfte bündeln. Standorte außerhalb werden aufgegeben.

Kräfte bündeln im Bankenviertel

Kräfte bündeln im Bankenviertel

In Frankfurt reiht sich Umzug an Umzug. Angesagt sind zentrale Lagen. Dort ziehen Finanzinstitute ihre Aktivitäten zusammen. Viele Standorte außerhalb verlieren an Attraktivität.

Von Tobias Fischer, Frankfurt

Im Finanzzentrum Frankfurt ist so einiges in Bewegung. Etliche Banken, Aufsichts- und Regulierungsbehörden haben in den vergangenen Wochen und Monaten angekündigt umzuziehen, darunter Commerzbank, ING Deutschland, Frankfurter Sparkasse, die EZB-Bankenaufsicht und der Versicherungsregulierer EIOPA. Dabei war schon die jüngere Vergangenheit nicht arm an Umzügen, wie die prominentesten Beispiele DekaBank, Citi oder Oddo BHF verdeutlichen. Zudem hat die neue Anti-Geldwäsche-Behörde AMLA im Messeturm Quartier bezogen.

Es spielt sich sehr viel in einem Radius von 800 Metern ab.

Michael Kubik, Head of Office Leasing bei Avison Young in Deutschland

Die Attraktivität des Bankenviertels stehe dabei außer Frage, beobachtet Michael Kubik, Head of Office Leasing des kanadischen Immobiliendienstleisters Avison Young in Deutschland. „Die Banken sind der Frankfurter Innenstadt treu.“ Das gilt zwar nicht in jedem Fall, wie die Beispiele ING und DWP Bank zeigen, die es in entlegenere Gefilde zieht. Am grundsätzlichen Befund ändern sie aber nichts. „Es spielt sich sehr viel in einem Radius von 800 Metern ab“, sagt er über den Konzentrationsprozess in den zentralen Bereichen.

Abgesehen davon plant die ING, ihre Deutschlandzentrale ins Ostend, fernab des Bankenviertels, zu verlegen, wie sie jüngst verkündete. 2028 will sie ihren Hauptsitz von der Theodor-Heuss-Allee 2 an der Messe ins 16-stöckige Gebäude HPQ im Hafenpark Quartier verlagern, wo sie für ihre gut 3.000 Beschäftigten in Frankfurt 32.000 Quadratmeter Bürofläche mieten wird. Die DWP Bank wiederum beabsichtigt gar, Frankfurt zu verlassen. 2026 wird sie den aktuellen Standort in der Wildunger Straße in Bockenheim zugunsten Eschborns aufgeben, um ein renoviertes Bürohaus in der Kölner Straße 5 zu beziehen.

Commerzbank konzentriert sich

Dessen unbenommen zieht es generell Finanzinstitute verstärkt ins Bankenzentrum, wie auch die Nummer zwei am Finanzplatz unter Beweis stellt. „Die Commerzbank will die Mitarbeiter aus dezentralen in die innenstädtischen Bereiche holen“, sagt Avison-Young-Experte Kubik. Auch wenn noch unabsehbar ist, wie sich die Dinge angesichts der Übernahmeavancen der Unicredit entwickeln, geht er davon aus, dass sich die Commerzbank auf zwei Standorte konzentriert: das bestehende Hauptquartier Commerzbank-Tower und den bis 2028 zu errichtenden Central Business Tower.

Neue Bleibe im Central Business Tower

Im Februar hatte sie mit der Helaba als Entwicklerin und Eigentümerin einen Mietvertrag im Central Business Tower abgeschlossen, der sich noch im Bau befindet. Von 2028 an wird für 15 Jahre eine Fläche von über 73.000 Quadratmetern auf 52 Etagen gemietet.

Die Bank erklärt auf Anfrage, vorhandene Flächen optimieren und nicht mehr benötigte abgeben zu wollen. Im Rahmen der Standortstrategie würden fortlaufend sowohl Bestandsimmobilien als auch Neuentwicklungen unter die Lupe genommen. „Diese Prüfung läuft derzeit für die Zentrale und entscheidet darüber, wie unser Gebäudeportfolio im Rhein-Main-Gebiet künftig aussieht“, so die Commerzbank. Im Februar kündigte sie an, bis 2028 insgesamt 3.900 Vollzeitstellen streichen zu wollen, davon 3.300 in Deutschland, größtenteils in Zentral- und Stabsfunktionen sowie Operations. Sollte es zu einer Übernahme durch Unicredit kommen, würde der Abbau sicherlich deutlich ausgeweitet.

Derzeit noch aktive Standorte im Rhein-Main-Gebiet sind laut Commerzbank-Sprecherin abgesehen von der Zentrale das Dienstleistungszentrum in der Mainzer Landstraße 151–157 sowie das Vitreum in Eschborn. Aktuell beschäftigt die Großbank in Frankfurt nach eigenen Angaben 8.730 Menschen (Kopfzahlen). Aufgegeben wurden demnach bereits der Bürokomplex Cielo in der Theodor-Heuss-Allee 102 und die Lateral Towers in der Neuen Börsenstraße 1.

Die Lage gewinnt an Bedeutung, stellt Kubiks Kollege Christian Ströder fest, Director Market Intelligence/Research bei Avison Young. „Die zentralen Lagen, Bankenviertel, Innenstadt und Westend, haben zusammen einen Anteil von 20% am Frankfurter Bürobestand von rund 12 Millionen Quadratmetern. Aber in den Jahren 2022 bis 2024 standen sie für 35% der nachgefragten Flächen, und im ersten Quartal 2025 waren es sogar 46%." Der Sprung ist ihm zufolge vor allem auf die Anmietungen von Commerzbank und der US-Wirtschaftskanzlei White & Case zurückzuführen. Letztere zieht in den Central Parx, gleich in der Nachbarschaft, wie im Februar bekannt wurde.

Mehr Leerstand, kaum Top-Flächen

Einerseits nimmt der Leerstand in Frankfurt zu, beobachtet Ströder, andererseits mangelt es ihm zufolge an hochwertigen Flächen in Top-Lagen. Neue kämen zunächst kaum nach. „In diesen zentralen Lagen werden bis Ende nächsten Jahres aus der Bau-Pipeline nicht einmal 20.000 Quadratmeter an noch verfügbaren, neu gebauten oder total sanierten Flächen auf den Markt kommen."

Allein die Commerzbank nehme im Central Business Tower annähernd viermal so viel Fläche in Anspruch.

Deka im Zentrum und außerhalb

An zwei Standorten, einer im Zentrum, einer in der Peripherie gelegen, bündelt die DekaBank ihre Beschäftigten: Das Wertpapierhaus der Sparkassen hat im Oktober die Verlegung der Konzernzentrale mit 900 Menschen vom Trianon in der Mainzer Landstraße in Turm 1 des neuen Hochhauskomplexes Four ein paar Hundert Meter weiter abgeschlossen. Bereits 2022 war ein Neubau in der Lyoner Straße 13 in Niederrad für bis zu 3.500 Mitarbeiter bezogen worden. Büros in der Hamburger Allee, im Skyper in der Taunusanlage und im Prisma in Niederrad hat die Deka in den vergangenen Jahren aufgegeben.

Von der Welle an den Börsenplatz

Umfangreichere Umzüge absolvierten zuletzt auch Citigroup und Oddo BHF. Die Deutschland-Zentrale der Amerikaner wurde Anfang des Jahres von der Frankfurter Welle hinter der Alten Oper in einen siebenstöckigen Neubau gegenüber der Wertpapierbörse am Börsenplatz verlagert. Rund 500 Mitarbeiter finden dort auf 10.000 Quadratmetern Platz.

Oddo BHF hat im vergangenen Jahr 18.000 Quadratmeter im ehemaligen Vorstandsgebäude der Dresdner Bank in der Gallusanlage 8 bezogen. Zuvor war sie in der Bockenheimer Landstraße 10 ansässig, dort, wo sich White & Case niederlässt.

Frankfurter Sparkasse zieht es an die Hauptwache

Sozusagen mitten drin wird sich Frankfurter Sparkasse niederlassen, die voraussichtlich bis Ende 2027 an der Hauptwache 1 ihre neue sechsgeschossige Zentrale aufschlagen wird. Die Nutzfläche beläuft sich auf 10.000 Quadratmeter. Die Helaba-Retailtochter muss ihr bisheriges Domizil in der Neuen Mainzer Straße 47–55 aufgeben, weil es im Zuge der Kulturmeile abgerissen wird, um einem neuen Schauspielhaus Platz zu machen.

Der Assetmanager Universal Investment wiederum bleibt jenseits des Stadtzentrums: Den Firmensitz hat er im Februar vom IBC-Tower in der Theodor-Heuss-Allee 70 an der Messe in das neue Timber-Pioneer-Gebäude mit einer Fläche von rund 8.500 Quadratmetern in der Europa-Allee 92–96 verlegt. 800 Mitarbeiter sind betroffen.

EZB-Aufseher finden gleich nebenan neues Domizil

Geografische Veränderungen zeigen sich auch bei den Aufsehern. Die EZB-Bankenaufsicht mit ihren 1.670 Mitarbeitern bezieht bis Jahresende das Gallileo-Hochhaus in der Gallusanlage 7 im Bahnhofsviertel, in Sichtweite des jetzigen Hauptstandorts Eurotower am Willy-Brandt-Platz. Die gleich nebenan im Japan Center angesiedelten EZB-Aufseher sollen 2028 folgen. 38.000 Quadratmeter mietet die EZB im Gallileo an.

Aufsichtshub im Messeturm

Im Messeturm entsteht ein Aufsichtshub, lassen sich dort doch nicht nur die Geldwäschebekämpfer der AMLA nieder, sondern auch 200 Versicherungsregulierer der EIOPA. Deren Mietvertrag im Westhafen Tower läuft Mitte 2028 aus. Die AMLA will Anfang 2028 mit dann planmäßig 430 Beschäftigten voll operativ einsatzfähig sein. Beide Behörden werden gemeinsame Konferenzbereiche nutzen.

Bundesbank in der Stadt verstreut

Die Deutsche Bundesbank ist an mehreren Standorten, vor allem in der Innenstadt, verstreut. Solange die Zentrale der Deutschen Bundesbank an der Wilhelm-Epstein-Straße saniert wird, hat sie ihr Übergangsquartier im Frankfurter Büro Center (FBC) in der Mainzer Landstraße bezogen. Hinzu kommen in der Nähe Büroflächen in Trianon und Signaris, in der Hauptverwaltung in Hessen sowie im Skyper und darüber hinaus im Prime Tower in Niederrad.

Alles beim Alten bleibt vorerst beim International Sustainability Standards Board (ISSB). Der am Opernplatz angesiedelte grüne Standardsetzer hatte ursprünglich seinen Umzugswillen bekundet. Davon ist nun keine Rede mehr. Es bestünden keine unmittelbaren Pläne, mit den 36 Beschäftigten umzuziehen, erklärte ein Sprecher auf Anfrage.

Allianz Global Investors offenbar auf der Suche

Ausschau nach einer neuen Bleibe hält offenbar Allianz Global Investors. Der aktuelle Mietvertrag im Triton in der Bockenheimer Landstraße 42–44 im Westend sei noch für einige, wenige Jahre gültig, sagt ein Sprecher. „Planungen für die Zukunft haben begonnen – ein konkretes Vorhaben oder eine finale Entscheidung bestehen zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht.“

Was den Mietermix am Finanzplatz angeht, so hat sich dieser laut Avison Young zuletzt verändert. Nachdem zwischenzeitlich die Beraterbranche – Rechtsanwälte und Notare, Wirtschafts- und Steuerberatungsunternehmen vor allem – größter Flächennachfrager gewesen sei, habe sich die Struktur wieder zugunsten der Finanzbranche gedreht. Die Stärke des Finanzplatzes zeige sich dabei in der gestiegenen Zahl der Mitarbeiter und „in der Quantität und Bedeutung relevanter Institute und Behörden“.

Die Zahl der Banker in der Stadt wächst im Trend seit Jahren und nimmt vorerst weiter zu, konstatiert die Helaba. „Innerhalb Deutschlands gibt es einen Konzentrationstrend im Bankwesen auf Frankfurt, der sich zunächst weiter fortsetzen dürfte“, sagt Ulrike Bischoff, Finanzplatz-Expertin der Landesbank.

„Diese seit Jahren zunehmende Fokussierung wird auch dadurch begünstigt, dass Frankfurt mit seinen Konzernzentralen nur begrenzt vom Filialabbau hierzulande betroffen ist.“

71.800 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte waren es im dritten Quartal 2024. Bis Ende 2025 sei ein Anstieg auf 73.500 zu erwarten, danach folge voraussichtlich ein Rückgang. Damit würde sich die Personalentwicklung in der Branche dem bundesweiten Trend angleichen, der seit Jahren und Jahrzehnten nach unten weist. „Für die kommenden Jahre ist angesichts der demografischen Entwicklung von einer tendenziell nachlassenden Personalexpansion auszugehen“, führt Bischoff zur Entwicklung in Frankfurt aus. Darüber hinaus dürften sich ihr zufolge dann Restrukturierungen im deutschen Bankensektor niederschlagen.

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