KommentarBitcoin-Rally

Krypto-Jünger üben sich in Selbstbetrug

Krypto-Jünger hoffen darauf, dass der Wahlsieg Donald Trumps und der Abgang von SEC-Chef Gary Gensler Digital Assets den Weg in den Finanz-Mainstream öffnen. Doch dies beruht auf selektiver Wahrnehmung.

Krypto-Jünger üben sich in Selbstbetrug

Bitcoin

Der Selbstbetrug der Krypto-Szene

Von Alex Wehnert

Die Krypto-Szene übt sich nach dem Sieg Donald Trumps bei den US-Präsidentschaftswahlen einmal mehr in Selbsttäuschung. Die Hoffnung auf eine laxere Regulierung in der Amtszeit des Republikaners, die Bitcoin in Rekordhöhen geführt hat, erhält nun zwar zusätzliche Nahrung. Denn Gary Gensler, der als harter Kritiker der Digital-Assets-Branche bekannte Chef der US-Börsenaufsicht SEC, tritt am 20. Januar zurück und kommt einer Entlassung durch Trump zuvor. Doch die Hoffnung darauf, dass Kryptowährungen nun zur weithin akzeptierten Mainstream-Anlage werden, beruht auf der selektiven Wahrnehmung von Bitcoin-Jüngern.

Von Betrug und Manipulation geprägt

Denn dass Vertreter des Sektors Trump zujubeln und den Abgang Genslers feiern, sollte institutionellen Marktteilnehmern alles sagen, was sie über das Segment wissen müssen. Denn der SEC-Chef mag ein übereifriger Behördenlenker sein, doch ist er auch passionierter Verfechter des Investorenschutzes – und dieser ist im von Betrug und Manipulation geprägten Digital-Assets-Markt in viel zu geringem Ausmaß vorhanden.

Trump hingegen ist ein Opportunist, der sich mit seiner Fürsprache für Cyberdevisen auf billige Weise als Innovationstreiber zu positionieren, über Krypto-Projekte selbst zu bereichern und mit seinem wohlhabendsten Unterstützer Elon Musk gut zu stellen sucht. Den Meinungsumschwung des designierten Präsidenten, der Bitcoin in seiner ersten Amtszeit noch als „Nicht-Geld, das auf dünner Luft basiert“ bezeichnete, dürften nur die verblendetsten Marktteilnehmer als reflektierten Sinneswandel einordnen.

Sicherer Rechtsrahmen vonnöten

Eine umfassende und vor allem gut durchdachte Krypto-Regulierung ist auch unter Trump illusorisch – erst recht dann, wenn er sich wie zu erwarten mit dem anderen erratischen „Alphatier“ Musk verkracht. Genau einen solchen sicheren Rahmen braucht es aber, damit große Banken und Versicherer, wie von Krypto-Jüngern erhofft, im größeren Stil im Markt aktiv werden. Noch sind die mit Krypto-Anlagen und -Dienstleistungen verbundenen Rechts- und Reputationsrisiken viel zu hoch, als dass diese Institutionen mehr wagen könnten als einige Experimente.

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