Notiert inFrankfurt

Leere Büros, volle Straßen

Nur in Berlin verlieren Pendler noch mehr Zeit im Straßenverkehr als in Frankfurt. Dabei stehen in der Main-Metropole immer mehr Büros leer. Wo fahren die denn alle hin?

Leere Büros, volle Straßen

Notiert in Frankfurt

Leere Büros, volle Straßen

Von Lutz Knappmann

Am Montag ist es wieder so weit: Pünktlich zum Ende der Schulferien schaltet der Frankfurter Straßenverkehr in den Krisenmodus. Gelingt die Fahrt zur Arbeit in der ersten Januarwoche noch halbwegs entspannt, herrscht zur Monatsmitte wieder Chaos. Auf Zufahrtsstraßen, die sich momentan noch mit der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit durcheilen lassen, stauen sich dann ausgedehnte Blechkolonnen voller missmutiger Pendler.

Wie viel Lebenszeit die Frankfurter höchstens im Schritttempo verbringen, rechnen unabhängig voneinander zwei aktuelle Statistiken vor: Der Navigationssystem-Anbieter TomTom notiert die Main-Metropole in seinem jährlichen „Traffic-Index“ für Deutschland auf dem unrühmlichen zweiten Platz: Durchschnittlich 80 Stunden länger haben die Pendler 2024 demnach aufs Jahr gerechnet für die Fahrt ins Büro gebraucht als bei optimalen, leeren Straßenverhältnissen. Nur in Berlin kamen die Autofahrer noch langsamer voran, verloren gegenüber dem Optimum sogar 84 Stunden.

48 Stunden Stau pro Kopf und Jahr

Der Verkehrsdatendienst Inrix wiederum hat errechnet, dass Autofahrer 2024 in Frankfurt im Schnitt 48 Stunden im Stau gestanden haben, immerhin 10% mehr als im Bundesdurchschnitt und 4% mehr als im Vorjahr. Dass die Bankenhauptstadt damit im Bundesvergleich nur auf Platz 6 landet, ist für die Betroffenen kein Trost. Ebenso wenig die Tatsache, dass die Staus beim Spitzenreiter Düsseldorf binnen eines Jahres um satte 22% zugenommen haben.

Tatsächlich hat sich die Verkehrslage in praktisch allen deutschen Großstädten und Ballungsräumen verschlechtert. Was in Frankfurt freilich in auffälligem Kontrast steht zur Lage auf dem Immobilienmarkt. Wer dieser Tage – höchstwahrscheinlich im Stau stehend – Nachrichten hört, wird sich fragen: Wo fahren die Leute denn alle hin? Denn jüngsten Meldungen zufolge stehen Frankfurts Büros so leer wie noch nie.

Mehr Büros, mehr Leerstand

Einer Auswertung des Immobilienspezialisten Jones Lang LaSalle zufolge betrug 2024 die Leerstandsquote in der Main-Stadt 9,7%, nach 8,8% ein Jahr zuvor. Immer mehr Angestellte arbeiten im Homeoffice. Die Arbeitgeber passen sich an – und mieten Büroflächen ab. Und trotzdem nimmt das Chaos im Pendlerverkehr weiter zu?

Nun kommt es bei Statistiken stets auf Details an: Zum gemessenen Büroleerstand tragen ja nicht nur die schon vor der Coronapandemie bestehenden Flächen bei, sondern auch jene Büros, die seither gebaut worden sind. Netto dürfte der Leerstand also keinen allzu großen Effekt auf den Verkehr haben.

Desolater Nahverkehr

Folgen hat etwa die desolate Lage bei den alternativen Reisemitteln: Seit einem Jahr fahren Busse und Bahnen in Frankfurt mangels Personal nach einem reduzierten Notfahrplan. Was manchen Pendler zum Umstieg aufs Auto verleitet haben könnte. Und dann sind da unzählige Baustellen, viele Kilometer neuer Fahrradstraßen und allerlei andere kreative Ideen, die City für Autos immer enger zu machen.

Weil aber der Zusammenhang zwischen Büroflächen und Verkehrsdichte in beide Richtungen wirkt, sind die Signale für den Immobiliensektor nicht eben rosig: Gerade weil die Anreise so beschwerlich ist, wird das Homeoffice für viele immer attraktiver. Es bleibt eben keine Ursache ohne Wirkung.