Leitartikel Sportartikelindustrie

Mit Flexibilität gegen Trump

Die vom künftigen US-Präsidenten Donald Trump angedrohten erhöhten Zölle für Waren aus China könnten auch Folgen für die Sportartikelindustrie haben. Dann käme es auf eine hohe Flexibilität im Produktionsnetzwerk an.

Mit Flexibilität gegen Trump

Sportartikelindustrie

Mit Flexibilität gegen Trump

Von Joachim Herr

Im Produktionsnetzwerk der Sportartikelkonzerne kommt es wegen
der Zollpolitik der USA künftig mehr denn je
auf Flexibilität an.

Donald Trump ist fest entschlossen, Waren aus China mit zusätzlichen Zöllen zu verteuern. Der künftige Präsident der USA könnte damit auch die Sportartikelindustrie treffen. Denn China spielt nach wie vor eine wichtige Rolle als Produktionsland. In ganz Asien lässt die Branche mehr als 90% der Schuhe und Bekleidung von Auftragsfertigern herstellen.

Allerdings haben die Sportartikelunternehmen in den vergangenen Jahren auf die schon seit Jahren schwelenden Handelskonflikte des Landes mit den USA und die rigiden Vorgaben in China während der Corona-Pandemie zumindest zum Teil reagiert. Die Anteile anderer asiatischer Länder an der Produktion von Lauf- und Fußballschuhen, Trikots und Trainingsjacken sind gestiegen, zum Beispiel von Vietnam, Kambodscha und Indonesien.

Gefahr einer Reaktion Chinas gegen Nike

Von den drei größten Anbietern hat der kleinste den höchsten China-Anteil: Puma bezog zuletzt 32% der Produkte von dort. Ein Teil davon wird nach wie vor in die USA exportiert. Nike ließ deutlich weniger, aber immerhin 18% aller Schuhe und 16% der Bekleidung in China herstellen. Höhere Zölle für Exporte von dort in die USA träfen auch den Weltmarktführer. Und für Nike besteht die Gefahr eines viel größeren Ungemachs: Die Regierung in Peking könnte als Erwiderung auf Trumps verschärfte Anti-China-Politik ihrerseits Hindernisse für US-amerikanische Unternehmen errichten.

Für Adidas hat China eine etwas geringere Bedeutung auf der Beschaffungsseite als für den größeren Rivalen: 14% der Schuhe und 15% der Bekleidung wurden im vergangenen Jahr dort hergestellt. 2012 hatte China noch ein ganz anderes Gewicht für die Marke mit den drei Streifen: Damals lagen die Quoten bei 33% und 37%. Wenn Trump seine Zollpläne verwirklicht, würde sich die schon seit längerem verfolgte Dezentralisierung für Adidas umso mehr bezahlt machen. Mit einer in erster Linie lokalen Produktion in und für China ist das Unternehmen näher an die Märkte und an die Kunden gerückt. Modetrends lassen sich auf diese Weise schneller erkennen, neue Produkte in kürzerer Zeit entwickeln und auf den Markt bringen. Die in China gefertigten Waren verkauft Adidas zum größten Teil im Land. Exporte in die USA gibt es von dort kaum noch. Das Unternehmen kann deshalb relativ entspannt Trumps Drohung verfolgen.

Andere Länder als Alternative

Ware lokal zu beschaffen und dort auch zu verkaufen, hat Vorteile. Auf diese Weise begrenzt zum Beispiel Puma die Auswirkungen des Protektionismus der indischen Regierung. Der hohe China-Anteil an der Produktion von knapp einem Drittel birgt für die Marke mit der Raubkatze mit Blick auf Trump und die geopolitische Lage insgesamt jedoch ein erhebliches Risiko. Der Vorstand entgegnet, auf erhöhte Zölle in einzelnen Märkten schnell reagieren zu können. Die Aufträge könnten aus einem anderen Land bedient werden.

Ein Verschieben von Bestellungen über Grenzen hinweg ist in der Tat relativ einfach möglich: Die großen asiatischen Zulieferer, die übrigens nicht nur für eine Marke Sportartikel herstellen, besitzen in mehreren Ländern Produktionsstätten. Voraussetzung für ein kurzfristiges Verlagern ist freilich, dass es freie Kapazitäten am alternativen Standort gibt.

Produktion in China weniger attraktiv

Zölle behindern den internationalen Handel und verursachen Wohlfahrtsverluste. Sie sind allerdings per se kein K.-o.-Kriterium für ein Produktionsland. Vielmehr sind sie wie Materialpreise, Löhne und Ausgaben für den Transport ein Kostenfaktor. Ein Standort kann trotz Zöllen wettbewerbsfähig sein. Trumps Strafaufschlag verringert aber auf jeden Fall die Attraktivität Chinas für die Sportartikelindustrie auf der Produktionsseite.

Um gegen die Unberechenbarkeit und den Protektionismus des künftigen Präsidenten zu bestehen, kommt es mehr denn je auf Flexibilität an. Eine starke Präsenz in den USA, dem größten Sportartikelmarkt der Welt, ist trotz Trump unverzichtbar. Die Ausgangslage der Sportartikelanbieter ist relativ komfortabel: Im Gegensatz zur Autoindustrie produzieren sie nicht in eigenen Werken.

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