Notiert InBerlin

Murmeltiertag

Die Hauptstadt rüstet sich für die teilweise Wiederholung der Bundestagswahl im Februar. Die Bedeutung des Urnengangs für die Mandatsverteilung im Bundestag ist allerdings überschaubar.

Murmeltiertag

Notiert in Berlin

Murmeltiertag

Von Andreas Heitker

Wie auch schon Anfang 2023 fühlen sich die Berliner Wähler aktuell einmal wieder in den September 2021 zurückgebeamt, in die Zeit vor dem großen Wahlsonntag, an dem ja bekanntlich alles schieflief, was bei einer Wahl schiefgehen konnte. Wurde im vergangenen Februar schon die Berliner Abgeordnetenhauswahl vom 26.9.2021 wiederholt, geht es dieses Mal um die Wiederholung der damals zeitgleich durchgeführten Bundestagswahl. Murmeltiertag. Ist denn schon wieder Wahl in der Hauptstadt? Ja, hat das Bundesverfassungsgericht im Dezember entschieden. Zumindest in 455 der 2.256 Wahlbezirke waren die Fehler bei der Vorbereitung und Durchführung der 2021er Wahl so gravierend gewesen, dass gut 556.000 Berliner am 11. Februar nun erneut an die Urne gerufen werden. Das schickere Charlottenburg, Pankow im Ostteil sowie Reinickendorf im Norden sind besonders betroffen. Wiederholungen wurden aber auch in vielen anderen Bezirken und zum Teil nur Straßenzügen angesetzt.

Ungeachtet der eher überschaubaren Bedeutung, die diese erneute Stimmabgabe für die Zusammensetzung des Bundestages haben wird, ist die Stadt schon wieder mit Wahlplakaten zugepflastert. Dabei tun sich die Ampel-Parteien mit völlig nichtssagenden Sprüchen hervor, wie „Vorsorgen und Halt geben“ (Grüne) oder „Demokratie verteidigen. Armut bekämpfen. Wohlstand sichern.“ (SPD). Die Liberalen werben für die angebliche „Stimme für Vernunft in der Regierung“. Und dass die CDU die Vorlagen aus der aktuellen Regierungskoalition souverän ausnutzt, ist eh schon klar: „Berlin, deine Chance. Zeig der Ampel das Stopp-Zeichen.“ heißt die Botschaft an alle frustrierten Hauptstädter.

Dass die CDU deutlich mehr Stimmen holen wird, ist ziemlich sicher. 2021 kam sie in den betroffenen Wahlbezirken lediglich auf 13,7% der Stimmen – weit abgeschlagen gegenüber SPD (22,4%) und Grünen (27,2%). Sollte die Partei allerdings ein weiteres Bundestagsmandat hinzugewinnen wollen, müsste sie ihre Stimmenzahl in den 455 Wahlbezirken nach Berechnungen der Plattform „wahlrecht.de“ nahezu verdoppeln.

Von der Wahlwiederholung sind zunächst einmal sieben aktuelle Bundestagsmandate betroffen – zwei bei den Grünen sowie jeweils eines bei SPD, CDU, FDP, AfD und den Linken. Verschiebungen bei den Stimmanteilen können nun auch dazu führen, dass die Verteilung zwischen den Landeslisten nachjustiert werden muss oder auch die bundesweite Verteilung der Ausgleichsmandate. Bei der SPD könnte dies etwa dazu führen, dass die Partei zwar die Anzahl der Sitze im Bundestag hält, die Berliner Abgeordnete Ana-Maria Trasnea aber ihr Mandat verliert und dieses an eine Nachrückerin von der Landesliste Niedersachsen fällt. Die Grünen könnten beide Sitze zurückerobern; möglicherweise geht ein Mandat dann aber nach Nordrhein-Westfalen. Die FDP, die in der Wählergunst deutlich verloren hat, könnte den Sitz von Lars Lindemann ganz verlieren.

Hörbares Aufatmen gab es bereits bei den Linken, die 2021 nur über drei Direktmandate in den Bundestag eingezogen waren – davon zwei aus Berlin. Aber Gesine Lötzsch ist von der Wahlwiederholung nicht betroffen. Und im Bezirk von Gregor Gysi wird nur in 6 von 200 Urnenwahlbezirken neu gewählt. Und da Gysi 35,4% der Stimmen geholt hat, sind auch hier die Gefahren gering.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.