Opfer eines Aberglaubens
Wenn ein Unternehmen seit seinem Börsengang als mögliches Übernahmeziel gehandelt wird, ist das nicht unbedingt ein gutes Zeichen. Der US-Babynahrungshersteller Mead Johnson Nutrition hinkte den Rivalen Danone und Nestlé beim Marktanteil hinterher. Trotzdem fand ihn der damalige Chef von Reckitt Benckiser, Rakesh Kapoor, so attraktiv, dass er dafür 18 Mrd. Dollar auf den Tisch legte. Die Investmentbanker, die ihn dabei berieten, wollten es ihm vermutlich nicht ausreden. Schließlich lockte das Wirtschaftswunderland China. Das Ende der Ein-Kind-Politik hatte Hoffnungen auf einen Babyboom geweckt. Je weiter entfernt ein Land liegt, desto eher eignet es sich eben als Projektionsfläche. Wer eine Vorstellung davon hat, mit welchen Kosten es in der Volksrepublik verbunden ist, Kinder zu haben, der macht sich auch keine Illusionen über die Auswirkungen der neuen Drei-Kinder-Politik auf die Bevölkerungsentwicklung. Kapoor wurde schlichtweg Opfer des Aberglaubens, im Reich der Mitte alles absetzen zu können. Erfahrung mit Babynahrung? Fehlanzeige.
Klar doch, hätte er Erfolg gehabt, würde man ihn nun für seine Entschlossenheit preisen. Hat er aber nicht. Beglückwünschen sollte man Goldman Sachs und Morgan Stanley, die einst für ihren Kunden Mead Johnson Nutrition den besten Preis herausgeholt haben. Nun landet das Chinageschäft bei einem chinesischen Finanzinvestor. Reckitt verkauft mit Verlust. Die politische Führung in Beijing kommt dadurch ihrem Ziel näher, dass alles, was in der Volksrepublik produziert werden kann, von chinesischen Unternehmen hergestellt wird.