Autos

Paris kappt die Parkmöglichkeiten

Immer weniger Haushalte in Paris haben ein Auto. Deshalb will Bürgermeisterin Hidalgo die Hälfte der Parkplätze auf Straßen abschaffen. Wegen der hohen Energiepreise mussten jetzt die ersten Schwimmbäder schließen.

Paris kappt die Parkmöglichkeiten

Das Foto zeigt eine großzügige Dachterrasse mit Blick auf Sacré-Cœur. Eine außergewöhnliche Adresse am Fuß von Mont­martre, verspricht die Internetseite. Noch allerdings ist sie am Entstehen. Denn noch steht dort ein ehemaliges Parkhaus, in dem sich früher auch eine Tankstelle mit Autowerkstatt befand. Sehr zum Bedauern von Anwohnern des Viertels in der Nähe der Mairie du 18ème und ihren Gästen, die dort noch vor einigen Monaten ihre Autos sicher abstellen und auch reparieren lassen konnten, wird diese Garage nun in ein Apartmenthaus umgewandelt. Es ist nicht die einzige in Paris, die gerade komplett umgebaut wird.

Laut einer Studie des Städtebau-Vereins Apur ist die Zahl der Garagen, der Parkhäuser mit Werkstatt, in der französischen Hauptstadt in der Zeit von 2000 bis 2020 um 55% zurückgegangen. 2020 waren gerade mal noch 203 übrig geblieben, darunter auch die in der Rue Versigny im 18. Arrondissement. Diese Entwicklung verlaufe parallel zur Ab­nahme des Autobesitzes, so Apur. Immerhin haben 65% der Haushalte in Paris kein Auto, Tendenz steigend. Zum einen sind die Kosten für Parkplätze hoch, zum anderen ist der öffentliche Nahverkehr sehr gut ausgebaut, während es sich auf den Straßen oft staut. Da die Grundstückspreise in Paris stark gestiegen seien und die Garagen oft sehr viel Platz einnähmen, seien sie bei Investoren beliebt, die an ihrer Stelle wirtschaftlich lohnendere Wohnungen und Geschäfte bauen wollen, heißt es in der Studie.

Eine Entwicklung, über die Anne Hidalgo nicht traurig ist. Denn die sozialistische Bürgermeisterin von Paris hat Autos den Kampf angesagt. Sie will sie so weit wie möglich von den Straßen der französischen Hauptstadt verbannen. Bis zum Ende ihres Mandats 2026 sollen deshalb 60000 bis 70000 Parkplätze in Paris abgeschafft werden, gut die Hälfte der letztes Jahr noch existierenden Parkplätze. Obwohl nur 35% der Einwohner ein Auto hätten, nähmen Parkplätze für Autos und Motorräder eine Fläche von 197 Hektar ein, argumentiert die Stadtverwaltung. Damit seien sie so groß wie die 17 innerhalb des von der Ringautobahn begrenzten Stadtzentrums gelegenen Parks. Auf den freiwerdenden Flächen sollen nun die Bürgersteige ausgedehnt und Bäume angepflanzt werden.

Hidalgo hat inzwischen auch Motorrädern und Motorrollern den Kampf angesagt. Viele Pariser sind in den letzten Jahrzehnten auf motorisierte Zweiräder umgestiegen, weil sie mit ihnen schneller durch die oft verstopften Straßen der Hauptstadt kurven konnten und das auch noch ohne die teuren Parkplatzgebühren, wie sie für ein Auto zu zahlen wären. Doch damit ist nun Schluss. Seit dem 1. September können sie ihr Motorrad nicht mehr kostenlos am Straßenrand parken, es sei denn, es hat einen Elektroantrieb. Pro Stunde müssen sie nun 2 Euro Parkgebühren zahlen, wenn sie ihr Motorrad oder ihren Motorroller in einem der äußeren Arrondissements abstellen, in den zentralen Arrondissements im Zentrum 3 Euro. Im Großraum Paris gibt es nach Angaben des Verkehrsclubs Mobilians rund 760000 motorisierte Zweiräder. Sie verpesten die Umwelt jedoch deutlich mehr als Autos. So stoßen sie laut ICCT (International Council on Clean Transportation) die zehnfache Menge an Kohlenmonoxid wie benzinbetriebene Autos aus.

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„Wir bedauern, dass wir wegen der Energiekrise gezwungen sind, ihre Einrichtung vorübergehend zu schließen“, teilte Vert Marine vor wenigen Tagen mit. Der Schwimmbadbetreiber hat rund ein Drittel der 90 von ihm betriebenen Hallenbäder geschlossen und die Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Betroffen ist auch das Schwimmbad Pailleron in Paris. Wegen der hohen Energiepreise seien die Kosten von 15 Mill. auf 100 Mill. Euro gestiegen, erklärt Vert Marine. Das entspreche dem Jahresumsatz des Unternehmens. Wenn diese Erhöhung auf den Eintrittspreis aufgeschlagen würde, würde dieser um das Dreifache steigen, betont der Schwimmbadbetreiber. Das sei undenkbar. Etwa 10% der landesweit rund 4000 öffentlichen Bäder werden von einem privaten Anbieter und nicht von den Kommunen betrieben.

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