KommentarSchenker, Covestro, Commerzbank

Deutschland im Ausverkauf

Schenker, Covestro, Commerzbank: Wie ein Schlafwandler bewegt sich die Bundesregierung durch den sich anbahnenden Ausverkauf deutscher Unternehmensjuwelen. Ein Gesamtkonzept ist nicht erkennbar.

Deutschland im Ausverkauf

Industriepolitik

Deutschland im Ausverkauf

Von Christoph Ruhkamp

Schenker, Covestro, Commerzbank: Ziellos wie ein Schlafwandler bewegt sich die Bundesregierung durch den Abverkauf der Konzerne.

Nach dem Verkauf von Kuka an Chinas Midea und der Akquisition der Heizungssparte des Familienkonzerns Viessmann samt Wärmepumpentechnologie durch den US-Konzern Carrier Global kommt nun der nächste Aufreger im stetigen Abverkauf deutscher Konzerne. Die Bahn verkauft ihre Speditionstochter DB Schenker für fast 15 Mrd. Euro an den dänischen Logistiker DSV und bahnt mit dem größten europäischen M&A-Deal dieses Jahres den Weg zur Entstehung des globalen Marktführers der Branche. Zugegeben: Der Verkaufsprozess muss EU-Recht genügen, und deshalb muss der Meistbietende den Zuschlag erhalten – in diesem Fall DSV. Doch es gibt auch Spielraum zum Lenken. Gemessen an der letzten DSV-Übernahme Panalpina wird befürchtet, dass bei Schenker bis zu 40% der Stellen wegfallen könnten. Das wären 30.000 Arbeitsplätze.

Damit nicht genug. Demnächst wird mit Covestro zum ersten Mal ein Dax-Konzern durch einen arabischen Staatskonzern übernommen. Der Ölriese Adnoc aus Abu Dhabi will mehr als 14 Mrd. Euro für den Kunststoffkonzern aus Leverkusen bieten. Auch hier geht es um global 17.500 Arbeitsplätze – ein Drittel davon in Deutschland. Auch hier hält sich die Bundesregierung heraus. Mit gutem Grund: Es gibt keine Überschneidungen, die größeren Stellenabbau befürchten ließen und Adnoc hat 150 Mrd. Dollar zum Investieren.

Gedankenloser Umgang

Auch in eine potenzielle Übernahme der Commerzbank durch die Unicredit scheint die Bundesregierung schlafwandelnd hineingeschlittert zu sein. Die Finanzagentur erhielt den Auftrag, das Aktienpaket des Bundes meistbietend zu versteigern, und hat sich daran gehalten. Jetzt stehen bei einem Zusammenschluss der beiden Banken, der nicht willentlich von Berlin in die Wege geleitet wurde, Tausende Stellen auf dem Spiel, weil es zwischen der Unicredit-Tochter HVB und der Commerzbank große Überschneidungen gibt. Im Gegensatz dazu mischen sich Bundesregierung und Landesregierung bei der Meyer Werft mit üppiger Staatshilfe ein, obwohl dort viel weniger Stellen auf dem Spiel stehen.

Berlin geht dem Anschein gedankenlos mit Schwergewichten der deutschen Wirtschaft um. Wie ein Schlafwandler bewegt sich die Politik durch den Abverkauf deutscher Unternehmen. Ein Konzept der Industriepolitik ist nicht erkennbar. Jeder Fall wird einzeln betrachtet. Das ist auch richtig so. Aber die Bundesregierung sollte besser erklären, nach welchen Spielregeln sie sich im einen Fall um Arbeitsplätze sorgt und im anderen Fall teilnahmslos beiseite steht.