Schneechaos und ein wütender Trump
Notiert in Washington
Schneechaos und ein wütender Trump
Von Peter De Thier
In der US-Hauptstadt begann die erste volle Woche des neuen Jahres mit dem heftigsten Schneesturm seit 2019, der in einige Gegenden bis zu 25 Zentimeter der weißen Pracht brachte und ein logistisches Chaos anrichtete. Die Regierung machte dicht, Schulen blieben für mindestens zwei Tage geschlossen. Fast zwei Stunden brauchte ich, um die Garageneinfahrt und die Stufen vor dem Haus freizuschaufeln. Während des Schneeschippens sprach mich ein Nachbar an, der gerade eine dicke Eisschicht von seinem Auto kratzte.
Und er sprach mir aus der Seele. Schließlich hatte ich mich morgens bei derselben Spekulation ertappt. „Hey, glaubst du, dass der Sturm eine Art göttliche Intervention ist, um den Kongress an der Zertifizierung von Trumps Sieg zu hindern?“, meinte er. Ich lachte und erwiderte: „Der Gedanke ist mir auch durch den Kopf gegangen, aber sie werden das heute trotzdem durchziehen“, sagte ich.
Historischer Tag
Nach getaner Arbeit ging ich wieder ins Homeoffice, um im Kongress die Auszählung der Elektoren zu verfolgen. Zügig und effizient kam das amtliche Ergebnis: Trump mit 312 und die demokratische Kandidatin Harris mit 226 Elektorenstimmen. Ein skurril anmutender Augenblick: Als die Vizepräsidentin von sich selbst in der dritten Person sprach und ihre eigene, schmerzhafte Niederlage besiegelte.
Nachrichtensender blendeten Szenen vor vier Jahren ein, als gewalttätige Randalierer in das Kapitol eingedrungen waren. Stärker konnte der Kontrast zu den rein protokollarischen Abläufen vom 6. Januar 2025 kaum sein. Von einem Reporter angesprochen, zog dann die Vizepräsidentin beim Verlassen des Kapitols einen angemessenen Schlussstrich unter den historischen Tag. Was es denn für ein Gefühl sei, die eigene Niederlage verkünden zu müssen, wurde sie gefragt. Ihre trockene Antwort:: „Es muss Menschen geben, die weiter für die Demokratie eintreten“, sagte Harris und ging weiter.
Künftiger Präsident in Rage
Eigentlich hätte Donald Trump am Dienstagabend guter Dinge sein müssen. Tags zuvor hatte der Kongress seinen überzeugenden Wahlerfolg besiegelt. Doch bei seiner ersten Pressekonferenz seit der Auszählung der Elektorenstimmen schäumte der künftige Präsident vor Wut. Er drohte dem nördlichen Nachbarn Kanada mit einer Annektierung, um die gemeinsame Wirtschaftsmacht beider Länder auszuschöpfen. Trump forderte die Rückgabe des Panama-Kanals und meinte, dass Grönland aus Sicherheitsgründen Teil der USA werden sollte. In beiden Fällen kokettierte er mit Militärgewalt. Der Grund für seinen Zorn: Trotz des Wahlsiegs will Richter Juan Merchan am Freitag das Strafmaß wegen Trumps 34-facher Verurteilung annoncieren. Ein Präsident, der schnell in Rage gerät – womöglich ein Vorbote der Stimmung während der kommenden vier Jahre in Washington.