Europäischer Stabilitätspakt

Sozialistisches Iberia

Mit Sánchez in Spanien und Costa in Portugal hat Bundeskanzler Scholz zwei starke Partner aus der sozialdemokratischen Familie im Südwesten Europas. Die beiden iberischen Regierungschefs hoffen auf Unterstützung in der Debatte um die Reform des europäischen Stabilitätspaktes.

Sozialistisches Iberia

Beim Antrittsbesuch in Madrid Mitte Januar feierten Bundeskanzler Olaf Scholz und sein Amtskollege Pedro Sánchez den Aufwind der Sozialdemokratie in Europa. Der spanische Ministerpräsident hatte nichts dagegen einzuwenden, dass er durch den neuen SPD-Kanzler als einflussreichster sozialdemokratischer Regierungschef Europas abgelöst wurde. Zwei Wochen danach stärkte dann der überraschend klare Sieg des sozialistischen Ministerpräsidenten António Costa bei den vorgezogenen Wahlen in Portugal das Bild des wiedererstarkten sozialdemokratischen Südwestens des Kontinents. Scholz hat auf der Iberischen Halbinsel nun zwei Verbündete, was angesichts der Ungewissheit über den Ausgang der Präsidentschaftswahl in Frankreich und der immer etwas fragilen Situation in Italien eine Menge wert ist.

Costa sitzt dank seiner absoluten Mehrheit der Sitze im Parlament für die nächsten vier Jahre fest im Sattel. Der Sozialist kann nun ungestört seinen behutsamen Kurs von Investitionen und sozialen Verbesserungen bei gleichzeitiger Haushaltskonsolidierung fortsetzen. Die Portugiesen haben auf Stabilität gesetzt und den radikaleren Ausgabenforderungen der bisherigen linken Partner der Regierung eine Absage erteilt. Von stabilen Mehrheiten wie in Portugal kann Sánchez in Spanien nur träumen. Seine Minderheitsregierung zusammen mit dem Linksbündnis Unidas Podemos hat eben erst mit Ach und Krach, dank eines Abstimmungsfehlers der Opposition, die so wichtige Arbeitsmarktreform durchs Parlament bekommen. Die bisherigen Partner, die etwa den Haushalt mitgetragen hatten, verweigerten Sánchez diesmal die Unterstützung.

Trotz der prekären Mehrheitsverhältnisse im Unterhaus kann auch der spanische Sozialist darauf hoffen, die Legislaturperiode bis Ende 2023 auszuschöpfen. Das wichtigste Vorhaben, das mit Brüssel im Gegenzug für die Hilfen aus dem europäischen Wiederaufbaufonds abgemacht worden war, die Reform der Arbeitsmarktregeln, ist durch. Den diesjährigen Haushalt könnte Sánchez um ein Jahr verlängern, falls er im Herbst keine Mehrheit für einen neuen Plan zusammenbekommen sollte. Zwar spekulieren in Madrid einige Analysten auf vorgezogene Wahlen, Doch Sánchez winkt im zweiten Halbjahr 2023 die spanische EU-Ratspräsidentschaft, die seinen Aussichten auf eine Wiederwahl bestimmt nicht schaden dürfte.

In Madrid und Lissabon sind die Erwartungen an den sozialdemokratischen Bundeskanzler groß. Sánchez griff auf der Pressekonferenz mit Scholz dessen Wahlkampfslogan des „Respekt“ auf und machte ihn sich zu eigen. „Genau das fasst das sozialdemokratische Angebot an Europa zusammen“, erklärte der Spanier. In diesem Sinne forderte Sánchez eine Reform des Europäischen Stabilitätspaktes, hin zu einer deutlich flexibleren Regelung für die Staatsfinanzen. Scholz reagierte unverbindlich.

Auch die sozialistische Regierung in Portugal kämpft für ein Aufweichen des finanzpolitischen Korsetts. Dabei hat man in Lissabon bei der Konsolidierung Erfolge vorzuweisen. Das Haushaltsdefizit soll nach Einschätzung der Regierung 2021 bei 4,3% der Wirtschaftsleistung gelegen haben. Der Gouverneur der Notenbank und ehemalige Finanzminister unter Costa, Mário Centeno, rechnet sogar damit, dass dank sprudelnder Steuereinnahmen der Fehlbetrag im letzten Jahr bereits die 3% erreichte und in diesem Jahr auf 1% fallen könnte. Ganz so weit ist man beim Nachbarn Spanien noch nicht. Für 2021 wird ein Defizit von gut 8% erwartet.

Die Sozialisten in Madrid und Lissabon haben sich zur Haushaltskonsolidierung verpflichtet, allerdings nicht auf Teufel komm raus, um den Konjunkturaufschwung nicht zu gefährden. In beiden Ländern ist die harte Sparpolitik unter den jeweiligen Rettungsschirmen nach der Finanzkrise noch gut in Erinnerung. Die Austerität der Troika machte die Situation für viele Menschen schlimmer, bevor es langsam bergauf ging. Das soll diesmal anders werden.

Die Milliarden aus dem Aufbaufonds bieten eine einmalige Chance, die Wirtschaft in Spanien und Portugal nachhaltig zu modernisieren, statt bloß einen konjunkturellen Anschub zu geben. Eine zu hastige Rückkehr zum rigiden Stabilitätspakt wäre dabei wenig hilfreich. Sánchez und Costa bauen stark auf ihren sozialdemokratischen Kollegen in Berlin, um die Hardliner in Nordeuropa und in seiner eigenen Koalition bei der Debatte um die Neugestaltung der Fiskalregeln in Schach zu halten. Scholz sollte seine sozialdemokratischen Partner im Südwesten Europas nicht enttäuschen.

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