LeitartikelUS-Förderung

Trumps Ölboom wird zum Rohrkrepierer

Donald Trump nimmt den US-Ölriesen die letzten Anreize, die Ölförderung auszuweiten. Vielmehr erhöht seine Handelspolitik den Druck auf die heimische Industrie.

Trumps Ölboom wird zum Rohrkrepierer

Ölförderung

Chill, Baby, Chill

Donald Trump nimmt US-Ölriesen die letzten Anreize, die Ölförderung auszuweiten. Vielmehr erhöht seine Handelspolitik den Druck auf die heimische Industrie.

Von Alex Wehnert

Donald Trump und seine Anhänger können noch so oft „Drill, Baby, Drill“ schreien, bei Amerikas Ölriesen werden sie damit auf anhaltend taube Ohren stoßen. Denn die populistischen Forderungen des Präsidenten, der die US-Förderung ankurbeln und damit angeblich die Versorgungssicherheit erhöhen sowie die Energiekosten-Belastung der Bürger senken will, stehen im krassen Gegensatz zur ökonomischen Realität im Sektor. Dessen Vertreter um ExxonMobil und Chevron sind schließlich nicht zuletzt durch die Handelspolitik Trumps mit vielschichtigen Belastungen für ihren Cashflow und damit auch für den Shareholder Return konfrontiert – eine aggressive Ausweitung der Produktion dürfte eher dazu beitragen, ihre Probleme noch zu verschärfen.

Exzessive Erdgasbohrungen

Die Förderung fossiler Energien befindet sich in den Vereinigten Staaten schon nahe an Rekordwerten. Der größte Teil kommt aus Texas, wo Trump durch umfangreichere Bohrgenehmigungen auf Bundesgebiet ohnehin wenig bewirken kann. Schließlich befindet sich der Grund im Permbecken hauptsächlich in Händen privater Besitzer oder des Bundesstaats. Auch dort bohrten Unternehmen zuletzt schon so exzessiv nach Erdgas, dass das Geschäft für sie nicht mehr profitabel war.

Donald Trumps Handelspolitik steht im Widerspruch zu seinen Zielsetzungen für den US-Energiesektor. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Ben Curtis.

An den Knotenpunkten im Westen des Bundesstaats wurden negative Preise für den Brennstoff, der häufig als Nebenerzeugnis der Ölproduktion entsteht, 2024 zur Norm. Förderer bezahlten Kraftwerksbetreiber also dafür, dass sie ihnen Erdgas abnahmen – einen Verkaufszeitpunkt abzuwarten, an dem sich der Angebotsüberhang legt, ist auch aufgrund mangelnder Lagerkapazitäten häufig keine Option. Gegenüber 2022, als die russische Invasion in der Ukraine Sorgen vor einer massiven Unterversorgung des globalen Rohstoffmarkts weckte, hat sich die Situation also drastisch verändert. Wie stark dies nicht nur für Erdgas, sondern auch für Öl gilt, zeigt sich anhand der jüngsten Quartalsberichte der Branchenriesen.

Raffineriegeschäft unter Druck

Denn dass der Gewinn von ExxonMobil im Schlussquartal 2024 weniger stark als befürchtet auf 7,6 Mrd. Dollar fiel, ist vor allem auf strukturelle Einsparungen im Upstream-Geschäft zurückzuführen. Die Margen im Raffineriegeschäft stehen angesichts einer schwächeren globalen Ölnachfrage unter Druck, die Erträge aus der Sparte Energy Products gingen zwischen Oktober und Dezember von 1,3 Mrd. Dollar auf 402 Mill. Dollar zurück, für das Gesamtjahr stehen beim Branchenprimus ein Absturz von 12 auf 4 Mrd. Dollar zu Buche. Hauptkonkurrentin Chevron verzeichnete im Raffineriegeschäft im abgelaufenen Quartal den ersten Verlust seit vier Jahren.

In diesem Umfeld droht Trump mit seiner protektionistischen Handelspolitik für neuerliche Verwerfungen zu sorgen. Denn die US-Raffinerien bauen stark auf günstige Ölimporte auf Kanada und Mexiko. Für Energieeinfuhren aus dem großen nördlichen Nachbarland wurden am Wochenende Strafzölle von 10% wirksam. Kanadische Produzenten dürften damit mehr Öl über neue Pipelines nach Asien exportieren, während die Vereinigten Staaten sich nach teureren Alternativen umsehen müssen. Bei Importen aus Mexiko müssen die Raffinerien an der US-Golfküste künftig möglicherweise heftige Aufschläge durch „Tariffs“ über 25% in Kauf nehmen. Am Montag setzten die Vereinigten Staaten die Strafzölle gegen den südlichen Nachbarn im Gegenzug für eine verstärkte Grenzsicherung zunächst aber für einen Monat aus, für den amerikanischen Nachmittag waren zudem Gespräche mit der kanadischen Regierung angesetzt. Doch wie sich die Zollstreitigkeiten auch entwickeln, mit dem handelspolitischen Wirrwarr stärkt Trump nicht die heimische Industrie, sondern die Konkurrenz rund um den Globus.

Spielraum engt sich ein

Damit die US-Konzerne in diesem Umfeld überhaupt Anreize besitzen, die Förderung auszuweiten, müssten die Öl- und Erdgaspreise schon sehr stark steigen – was in scharfem Kontrast zu Trumps angeblicher Zielsetzung steht, die Kostenbelastung für Verbraucher zu reduzieren. Vielmehr dürfte das Vorgehen des neuen Präsidenten gegenüber China den Spielraum der amerikanischen Majors noch zusätzlich begrenzen. Denn der wirtschaftliche Abschwung im Reich der Mitte hat die Nachfrage am global vernetzten Ölmarkt in den vergangenen Jahren schon erheblich belastet, durch Trumps neuerliche Strafzölle gegen die Volksrepublik droht sich die Lage noch zu verschärfen.

Cashflow gerät unter Druck

Preisrückgänge bei Rohöl schlagen sich indes direkt in den Cashflows der US-Konzerne nieder und damit auch in ihren Möglichkeiten, den Shareholder Return anzukurbeln. ExxonMobil verwendete im abgelaufenen Quartal bereits nur noch 5,2 Mrd. Dollar auf Aktienrückkäufe, nachdem es im vorherigen Viertel noch 5,5 Mrd. Dollar waren. Die Dividendenrendite ist über die vergangenen Jahre unter jene der europäischen Konkurrenz gerutscht. Chevron hat noch größere Probleme, Buybacks und Dividenden aus dem Cashflow zu bestreiten. Damit verliert das entscheidende Argument zum Kauf der Aktien der beiden Konzerne massiv an Schlagkraft. Die US-Majors werden gelockerte Umweltauflagen unter Trump also zwar gerne mitnehmen – statt „Drill, Baby, Drill“ dürfte das Motto in Bezug auf Förderausweitungen künftig aber eher „Chill, Baby, Chill“ heißen.

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