Übertrieben negatives Sentiment beherrscht den Ölmarkt
Ölmarkt
Übertrieben negatives Sentiment
Von Dieter Kuckelkorn
Wieder einmal hat sich das Kartell der Ölproduzenten, die Opec plus, darauf verständigt, die eigentlich geplante Ausweitung der Produktion ab der Jahreswende zu verschieben, und zwar erneut um drei Monate auf das Ende des ersten Quartals. Eigentlich sollten gemäß den Plänen stufenweise Kürzungen im Volumen von 2,2 Mill. Barrel pro Tag rückgängig gemacht werden. Dass die Opec plus nun einen weiteren Rückzieher macht, ist vor allem auf das äußerst negative Sentiment am Markt zurückzuführen. Dieser extreme Pessimismus wird auch daran deutlich, dass der Markt auf die aktuelle Nachricht nicht etwa, wie es hätte sein müssen, mit einem Preisanstieg reagiert hat, sondern mit einem weiteren Rückgang der Notierung der wichtigsten Ölsorte Brent Crude auf inzwischen wieder deutlich unter 72 Dollar je Barrel.
Überversorgung befürchtet
Dazu merken die Rohstoffanalysten von Standard Chartered an, dass sich die Entscheidung der Opec plus vor allem mit den überzogen pessimistischen Erwartungen der Marktteilnehmer hinsichtlich der Lage auf dem Ölmarkt im kommenden Jahr begründen lässt. Dieser Pessimismus sei vor allem auf Missverständnisse hinsichtlich des Mechanismus der Opec plus für die allmähliche Reduzierung der Kürzungen zurückzuführen. Es geht nämlich die Sorge um, dass die Ausweitung der Produktion der Opec plus zu einer Überversorgung des Marktes führt. Dabei wird unterstellt, dass bereits die kleinste Ausweitung der Förderung den Zustand der Überversorgung hervorruft. Damit wird ignoriert, dass die Opec plus in jede ihrer Erklärungen hineinschreibt, dass es nur dann zur Anhebung der Produktion kommen werde, wenn der Markt dies vertrage. Und bislang hat das Kartell dies auch so gehandhabt, schließlich wurde die Ausweitung schon mehrere Male verschoben.
Geopolitische Risiken ignoriert
Sollte sich diese Erkenntnis irgendwann am Ölmarkt durchsetzen, wäre ein spürbarer Anstieg der Brent-Notierung zu erwarten, wozu auch beitragen sollte, dass die vollständige Ignorierung der nach wie vor bedeutenden geopolitischen Risikofaktoren durch die Marktteilnehmer irgendwann ein Ende finden wird.